Henning Mankell, Kennedys Hirn

Henning Mankell, Kennedys Hirn

Es ist schon ein typischer Mankell Roman: menschliche Abgründe, Unverständnis über die Motive, die (Geld- und Macht-) Gier menschlichen Handelns, Menschen, die an der Wahrheit interessiert sind und dafür viel Zeit, Geld und sogar ihr Leben riskieren. Ein brisantes Thema: menschenverachtende Praktiken von Pharmakonzernen in Afrika, die auf unerlaubte, kriminelle Art und Weise ihre Aids-Medikamente testen. Jede Menge Tote, zwielichtige Gestalten in offiziellen Ämtern und auf den ersten Blick zwielichtige Gestalten, die sich dann als ehrenwert oder einfach nur menschlich und hilfsbereit erweisen.
Und dennoch: die Handlung ist z.T. verworren, verschiedene Theorien, Mutmaßungen über den Tod von Henrik Cantor, der offensichtlich zuviel über bestimmte Menschen gewusst hat, werden zum Schluss des Romans nicht zufriedenstellend geklärt. Der Titel des Romans ist mir nicht einsichtig, auch wenn im Roman mehrfach Theorien über das Verschwinden von Kennedys Hirn entwickelt werden. Der Sinn im Zusammenhang mit der Aufklärung von Henriks Tod ist mir nicht aufgegangen.
Die Erkenntnis von Louise Cantor, dass sie Aaron, den Vater ihres toten Sohnes, immer noch liebt, auch wenn sie zu Beginn ihrer gemeinsamen Recherchen über das Leben ihres Sohnes ein Wiederaufleben ihrer Gefühle strikt ablehnt – immerhin ist Aaron vor mehr als zwanzig Jahren aus ihrem Leben verschwunden – kommt definitiv zu spät, um noch gelebt werden zu können. Gesucht hat Louise Aaron auch nur auf Drängen ihres Vaters, der davon überzeugt ist, dass Aaron das Recht hat zu erfahren, dass sein Sohn tot ist, auch wenn er sich (scheinbar) jahrelang, nicht um seinen Sohn gekümmert hat.
Sicher weist der Roman eine gewisse Spannung auf, doch die Qualität früherer Romane erreicht er nicht, trotz der Aktualität des Themas und der die Handlung unterbrechenden Gedanken Louises, die immer stärker deutlich werden lassen, dass sie wie viele Mütter nur geglaubt hat, ihren Sohn zu kennen. Die Wahrheit über ihren Sohn zu erfahren, ist für sie mit großen Schmerzen und Enttäuschungen verbunden. Fast nichts ist so, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint. Ein etwas mageres Lektüreergebnis.

Henning Mankell, Kennedys Hirn, 3. Aufl. München 2008 , 397 S. mit einem Nachwort des Autors, ISBN 978-3-423-21025-6

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