John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama

John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama

Aus der Sicht Brunos, neujähriger Sohn eines ranghohen Offiziers, wird zunächst der Umzug von Berlin nach  Ausch-Wisch geschildert, wie Bruno die polnische Stadt ausspricht. Er findet seine neue Situation schlecht: getrennt von seinen Freunden, angewiesen auf die Gesellschaft seiner „blöden“ Schwester, mit einem Privatlehrer, der ihn überwiegend in Geschichte unterrichtet, in einem viel zu kleinen Haus, das seinem Forscherddrang keinen Raum lässt, fühlt er sich einsam. Denn aus der Welt der Erwachsenen ist er ebenfalls ausgeschlossen, zumal die Dienstboten nicht mit ihm reden dürfen und dieses Verbot nur mit offensichtlicher Angst übertreten, wenn sie sich davon überzeugt haben, dass kein anderer da ist.
In dieser Sitation macht er sich nach Wochen auf, seine Umgebung zu erforschen. Den mit Stacheldraht gesicherten Zaun als Orientierung nutzend geht er so lange, bis er einen scheinbar auch einsamen Jungen im gestreiften Pyjama auf der anderen Seite des Zaunes sieht. Von dem Tag an treffen sie sich heimlich, aber regelmäßig am Zaun. Eine Freundschaft entsteht zwischen den beiden und Bruno fühlt sich nicht mehr so einsam. Schade nur, dass er niemandem von diesem Jungen erzählen darf. Er weiß zwar nicht warum, aber dass es so ist, weiß er einfach. Denn zu Hause ist das, was auf der anderen Seite des Zaunes passiert, tabu. Von Schmuel erfährt Bruno nach und nach, dass seine Vorstellungen, die er sich von der anderen Seite des Zaunes gemacht hat, nicht zutreffen. Was dort passiert, erfährt er dann auf grausame Art und Weise am eigenen Leib.
Ungewöhnlich an dieser Fabel ist, dass über die Vernichtung der Juden aus der Sicht eines deutschen Kommandantenkindes erzählt wird, der in einem autoritären Haushalt aufwächst, sich aber seine Sensibilität und Mitmenschlichkeit im Umgang mit den Menschen seiner Umgebung bewahrt und vieles am Verhalten der Erwachsenen nicht versteht und auch nicht danach fragen kann, der den Führer, der Großes mit seinem Vater vorhat, von Anfang an nicht mag, „weil der Furor … in Brunos Augen der unhöflichste Gast war, den er je erlebt hatte. …  Der Furor war viel kleiner als Vater… Er hatte dunkles, ziemlich kurz geschnittenes Haar und einen kleinen Schnurrbart – so klein, dass Bruno sich fragte, warum er ihn überhaupt stehen ließ oder ob er beim Rasieren nur ein Stück vergessen hatte.“
Das Buch, eine Fabel für Kinder, Aufklärung für Kinder – aber worüber? Die Frage ist schwer zu beantworten. Es ist eher ein Buch, das Erwachsene mit Kindern lesen sollten, um im Gespräch Fragen zu beantworten, die ein Kind mit einem solchen Buch auf jeden Fall haben wird, so wie Bruno, dessen Fragen meist unbeantwortet bleiben.

John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama, Eine Fabel. Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit, München 11. Aufl. November 2008, 266 S., ISBN 978-3-596-85228-4

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