Jodi Picoult, Beim Leben meiner Schwester

Jodi Picoult, Beim Leben meiner Schwester

Die dreizehnjährige Anna Fitzgerald will nicht länger „Ersatzteillager“ ihrer leukämiekranken Schwester Kate sein, die dann aber unweigerlich sterben wird, da sie ohne eine Nierentrasplantation keine Überlebenschance hat. Anna liebt ihre Schwester, will aber ihr Leben leben, Hockey spielen, mit Gleichaltrigen ins Ferienlager fahren und nicht immer wieder wegen Kate ins Krankenhaus müssen, um Knochenmark zu spenden. Sie beschließt – zum Entsetzten ihrer Eltern – einen Anwalt damit zu beauftragen, vor Gericht ihr Recht auf Selbstbestimmung in medizinischen Fragen, also auch eine Verweigerung der Transplantation durchzusetzten.
Der Roman befasst sich aus der Perspektive der jeweils Betroffen und am Geschehen teilhabenden Personen mit ethischen, psychologischen, medizinischen Fragen, die aufgrund medizinischer Fortschritte in Zukunft  öfter gesellschaftlich relevant sein könnten: Ist es ethisch vertretbar, wenn Eltern ein Kind als „Ersatzteillager“ für ein krankes Kind zeugen? Dürfen Ärzte alles, was medizinisch machbar ist? Er zeigt auch die z.T. katastrophalen Auswirkungen auf die nicht kranken Kinder der Familie, die aus dem Focus der elterlichen Sorge nahezu herausfallen und auf sich selbst gestellt sind – mit fatalen Folgen.
Der Roman hat mir im Hinblick auf die Thematik und die damit verbundenen Fragen gut gefallen. Er regt zum Nach-, Überdenken eigener Positionen an, provoziert Ablehnung und Sympathie mit den Beteiligten. Gestört haben mich die teilweise sehr ausführlichen medizinischen Darstellungen der Krankheit und ihrer Behandlungen. Wenn ich einen Roman lese, habe ich keine Lust mich durch medizinischen Fachjargon zu quälen, dann lese ich lieber eine medizinische Abhandlung. Zudem finde ich die Gestaltung und Handlungsführung des Romans zu amerikanisch. Der Anna vertretende Anwalt hat es mit einer Verfahrenspflegerin zu tun, seiner ehemaligen Geliebten, die er vor Jahren ohne igendeine Erklärung verlassen hat – weshalb erfährt der Leser dann aufgrund eines Zusammenbruchs des Anwalts während einer Gerichtsverhandlung. Die Frage, ob Anna nun nach erfolgreichem Prozess die Spende ihrer Niere verweigert oder nicht, stellt sich zum Schluss dann gar nicht mehr: Annas Schicksal scheint es tatsächlich zu sein, bis Organspenderin für andere zu sein.
Mehr verrate ich dann doch nicht. Vielleicht mag der eine oder andere ja gerade die amerikanische Ausgestaltung dieser Themen.

Jodi Picoult, Beim Leben meiner Schwester, Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, München 2008, 479 S., ISBN978-3-492-26266-8

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