Roland Kachler, Meine Trauer wird dich finden

Roland Kachler, Meine Trauer wird dich finden

Trauernde müssen sich im Kontakt mit Nicht-Betroffenen viele, vermeintlich gut gemeinte Ratschläge anhören. Diese treffen fast immer ins Leere, weil sich niemand, der nicht schon einmal vom Todesfall eines sehr nahestehenden geliebten Menschen betroffen war, den inneren Zustand des Trauernden vorstellen, geschweige-denn verstehen kann.
Diese Erfahrung hat auch Kachler machen müssen, der als Psychotherapeut und Betroffener – er hat seinen sechzehnjährigen Sohn durch einen Verkehrsunfall verloren –  nach einem Weg für seine Trauer gesucht hat. Er hat sich u.a. mit entsprechender Fachliteratur auseinandergesetzt, die fast alle dazu tendieren, den Trauernden zum Loslassen des Verstorbenen zu bewegen, was viele aber nicht können und auch nicht wollen, weil sie es als eine Art Verrat am Verstorbenen empfinden, der ja trotz seines Todes Teil des eigenen Lebens bleibt und auch bleiben soll.
Diesen scheinbaren Widerspruch versucht Kachler mit seinem Versuch aufzuheben, eine neue, innere Beziehung zu seinem Sohn zu finden und zu gestalten, nachdem Motto: Lieben statt loslassen.
In verschiedenen Schritten setzt er sich zunächst mit der vorhandenen Trauerliteratur auseinander, die man als Betroffener ruhig weglassen kann, um dann – ausgehend von seinen eigenen Gefühlen, die er ernst nimmt und als Wegweiser benutzt – Wege aufzuzeigen, Schritte vorzuschlagen, die man gehen kann, um eine innere (Liebes-) Beziehung zum Verstorbenen zu finden, einzugehen und zu gestalten. Diese innere Beziehung ermöglicht dann, die beiden Welten der Anfangszeit zu integrieren: „Ich lebe in zwei Welten. In meiner Trauerwelt und in der realen Welt.“ Ich lebe wieder für mich in der realen Welt mit der Liebe des Verstorbenen in meinem Herzen.
Dieses gut verständliche Buch ist lesenswert für Betroffene, für Trauerbegleiter, vielleicht auch für Menschen im Umfeld eines Trauernden, die diesen und seine „merkwürdigen“ Verhaltensweisen besser verstehen können möchten und natürlich auch für Therapeuten, die es mit Trauernden zu tun haben.

Roland Kachler, Meine Trauer wird dich finden. Ein neuer Ansatz in der Trauerarbeit, 11. Aufl. Freiburg 2011, 179 S., ISBN 978-37831-2585-6

3 Gedanken zu „Roland Kachler, Meine Trauer wird dich finden

  1. Das hört sich gut an- beinahe wie eine Neue-Wege-Findung…
    Eine Art Anarchotrauern, nicht nach dem Duktus von Kübler-Ross oder sonstigen „Päpsten“, sondern mehr „Jedem-das-Seine“, auch in dieser Lebenslage! Das gefällt mir – Danke für die Buchbesprechung! Sonja

  2. Wildgans: Der Duktus der Kübler-Ross-Päpste scheint mittlerweile umstritten, weil sie indirekt wohl vermitteln, dass es seine Art „richtiger“ Trauerbewältigung gibt und man sich nur genug anstrengen muss, um alles „richtig“ zu machen. Die Frage, ob es individuell richtig ist, ist dabei offensichtlich unerheblich. Lese gerade ein weiteres Buch.(Besprechung folgt demnächst)

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