Daphne du Maurier, Ein Tropfen Zeit

Daphne du Maurier, Ein Tropfen Zeit

„Ein Tropfen Zeit“ ist bereits 1969 erschienen, jetzt aber von der Edition Büchergilde in einer besonders schönen Ausgabe mit Gemälden von Kristina Andres neu aufgelegt.

Ein bebilderter Roman?

Natürlich schaut man sich zuerst die Bilder an:

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© „Kristina Andres/Edition Büchergilde“

Ölgemälde im Original – viele Stilleben ähnlich – die zunächst nicht sehr aussagekräftig zu sein scheinen. Beginnt man aber mit der Lektüre des Romans, bemerkt man, dass die Gemälde wesentliche Aspekte der Handlung in dem entsprechenden Kapitel gekonnt sichtbar machen, was man aber erst nach dem Lesen beurteilen kann. Die Künstlerin wollte ihre Bilder „lose unter den Text legen, um jeder Festmalung aus dem Weg zu gehen.“

Das ist ihr gelungen und das ist auch gut so. Denn es würde es dem Roman ja sonst einen Teil der Spannung nehmen, die überwiegend dadurch entsteht, dass die Romanhandlung zwei Zeitstränge aufweist, die sich unabhängig voneinander entwickeln und sich in der Person des Protagonisten Richard Young zunehmend ineinander verweben, mit unvorhersehbaren Folgen.

Young will sich im Landhaus seines Freundes Magnus Lane, Biophysikprofessor in London, ausspannen und darüber klar werden, ob er mit seiner Frau Vita und deren Kindern nach Amerika gehen soll oder nicht. Doch wirklich Lust darüber nachzudenken hat er nicht, denn er soll für seinen Freund eine Zeitdroge ausprobieren, die ihn in eine andere Welt, in eine anderen Zeit versetzt, wo er Augenzeuge von Ereignissen wird, die er anschließend durch Recherchearbeiten in Chroniken belegt findet.

Wie alle Drogen hat auch diese Zeitdroge spürbare Nebenwirkungen und ein gewisses Suchtpotential, was Vita und die Kinder hautnah miterleben.
Die beiden Handlungsstränge selbst sind nicht so sehr spannend, doch das Verweben dieser Handlungen treibt einen durch den Roman, da man wissen will, wie sie enden, die Ehegeschichte zwischen Richard und Vita und den Kindern und die verworrene Liebesgeschichten der Lady Carminowe aus dem 14. Jahrhundert.

Daphne du Mauriers Roman „Rebecca“ und die Kurzgeschichte „Die Vögel“ sind von Alfred Hitchcock sehr erfolgreich verfilmt worden, etwas, was man sich für diesen Roman auch vorstellen kann, doch dafür bräuchte man sicher einen Alfred Hitchcock, damit auch die Subtexte des Romans in (Film-)Bildern sichtbar werden.

Bis dahin allerdings kann sich der Leser mit der außerordentlich schönen Ausgabe des Romans „trösten“ und seine eigenen Bilder im Kopf entstehen lassen.

Daphne du Maurier, Ein Tropfen Zeit, Mit Bildern von Kristina Andres, a.d. Engl. v. Margarete Bormann, Edition Büchergilde, Frankfurt/M. 2015, 304 S., ISBN 978-3-86406-044-1

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