Kathrin Weßling, Drüberleben

Kathrin Weßling, Drüberleben

„Leben ist sinnlos.“
„Es blieb nur dieser eine Satz, den das Unaussprechliche sich selbst beschreibend einem Mantra gleich wiederholte. Leben ist sinnlos.“

Aber wie geht Leben, wenn Leben sinnlos ist, aber leben will?
Ida Schaumann ist depressiv, weiß das auch, denn sie lebt schon länger damit, dass ihr das eigene Leben – sehenden Auges – entgleitet.

„Du weißt ja, dass du deine Mitte nicht findest. Du weißt ja, dass, wenn du sie suchst, dir die Dinge entgleiten, die Versuche einer klaren Struktur, eines geregelten Tagesablaufs, dass sie jedes Mal einfach so davonfliegen, als würde dieser Vorgang einem Naturgesetz folgen, dem du dich verzweifelt entgegenstemmst, das du aber einfach nicht zu bezwingen vermagst. Eine Sisyphos-Tour…“
Sie weiß auch, dass sie es allein nicht schafft und lässt sich in eine Klinik einweisen.

FALLEN, LIEGEN, STEIGEN sind die Kapitel-Überschriften in denen Ida Schaumann auf ihre spezifische Art und Wiese, ironisch, teilweise sarkastisch, ihre Depression beschreibt, ihre Sehnsucht nach „Normalität“, nach Leichtigkeit und ihr Bedürfnis, dazuzugehören. Gleichzeitig stellt sie Normalität in Frage, weiß, dass sie nie wirklich zu den scheinbar Normalen dazugehören wird, weil sie einfach anders tickt.
Sie wird diese Krankheit nicht loswerden, aber lernen, damit zu leben, drüberzuleben:

„Ich habe überlebt. Ich habe die letzte Entscheidung getroffen, die zu treffen mir so unmöglich erschienen war. Die Entscheidung gegen alle Selbstverständlichkeiten. Gegen alle Angst und gegen die Wand. Ich habe mich vor ein paar Sekunden umgebracht, ohne zu sterben. Ich habe mich getötet und überlebt.“

„Depressionen sind doch kein Grund traurig zu sein“ – so der Untertitel – ist ein gut geschriebenes, berührendes, einfühlsames Buch, erzählt aus der Ich-Perspektive Ida Schaumanns, einer depressiven jungen Frau.

Kathrin Weßling, Drüberleben. Depressionen sind doch kein Grund traurig zu sein. München 2013, 316 S., ISBN 978-3-442-15716-7

2 Gedanken zu „Kathrin Weßling, Drüberleben

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