Tim Parks, Der ehrgeizige Mr. Duckworth

Tim Parks, Der ehrgeizige Mr. Duckworth

Mr. Morris Duckworth verdient seinen Lebensunterhalt als Englischlehrer in Italien und hat neben seinem Job an einer Schule noch einige Privatschüler aus reichem Hause. Er hasst und verachtet die Reichen aus tiefstem Herzen, versucht aber gleichzeitig mit allen Mitteln „Einlass bei ihnen zu finden“. Dabei schreckt er vor nichts zurück. Diebstahl, Lug, Betrug und Verstellung gehören zu seinem Repertoire, nicht zuletzt auch Morde. Doch Schuld an seinen Taten sind immer die anderen:

„Er hatte schließlich nicht töten wollen. Es hatte keinerlei Vorsatz gegeben, die Tat war völlig spontan gewesen. Dieser widerliche, geile Idiot hatte es gar nicht anders verdient, er hatte ihn ja förmlich dazu gezwungen, und Morris wollte verflucht sein, wenn er sich deswegen das Herz schwer machte.(Mord sollte nach dem Wert des Opfers beurteilt werden, nach seinem Recht auf Leben, fand Morris, und nicht nach irgendwelchen abstrakten juristischen Prinzipien. Wer es getan hatte, war dann vielleicht gar nicht mehr so wichtig.)“

Der Kriminalroman ist kein gewöhnlicher, beschreibt er doch aus der Perspektive von Duckworth nicht nur dessen Taten und Bemühungen, diese nicht ans Tageslicht kommen zu lassen, sondern beteiligt den Leser auch über weite Strecken an Morris innerem Dialog mit seinem Vater, dem er per Diktafon seine Gemütslage, seinen Hass auf ihn mitteilt.

„Vater in seiner schweinischen Dummheit, brachte höhere Schulbildung irgendwie immer mit Homosexualität in Verbindung, und als Morris der erste Schüler von Acton High wurde, der in Cambridge ja akzeptiert wurde, war das für ihn bloß eine Bestätigung seines Verdachts.“

Der Leser wird aber auch Zeuge von Duckworth kruden Gedankengängen, etwa wenn er immer wieder überlegt, was er mit dem vielen Geld – das er aber noch gar nicht hat – anfangen will. Da ist von Anlagen bei der Börse, von Immobilieninvestitionen die Rede und jeder halbwegs intelligente Leser weißt, das das nicht gutgehen kann. Bemerkbar macht sich das auch im Schreibstil, der immer wieder durch Fragen, Fragen, Fragen geprägt ist und über weite Teile im Konjunjtiv II, dem Irrealis, geschrieben ist.

Ab und zu möchte man Duckworth zurufen, ob er nicht mal auf den Boden der Tatsachen kommen will, um dann auf realistischer Grundlage zu überlegen, wie’s weitergehen kann. Doch die Einwände würde er sicher nur als spießbürgerlich abtun – Hochstapler wie er ist.

Tim Parks, Der Ehrgeizige Mr. Duckworth, a.d. Engl. v. Lutz-W. Wolff, Verlag Antje Kunstmann, München 2015, 301 S. mit einem Vorwort des Autors, ISBN 978-3-88897-930-9

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