Marie von Ebner-Eschenbach, Unsühnbar

Marie von Ebner-Eschenbach, Unsühnbar

Maria von Wolfsberg stimmt auf Wunsch ihres Vaters – wie damals üblich – der Heirat mit Graf Dornach zu. Eine Liebesheirat ist es nicht, denn sie schwärmt für Felix Tessin, der in den Augen ihres Vaters allerdings keine gute Partie ist, so dass er alles Mögliche unternimmt, Tessin von seiner Tochter fernzuhalten. Nach der Hochzeit zieht sie mit Graf Dornach auf dessen Güter und bekommt einen Sohn, Hermann, den sie liebevoll umsorgt.

Tessin findet in dem Halbbruder Marias einen Verbündeten, der ihr den Zutritt zu Maria verschafft. Tessin gibt vor, sich von Maria verabschieden zu wollen, bevor er für längere Zeit ins Ausland geht, und überrumpelt sie. Es kommt zu einem Seitensprung mit Folgen.

Erich, der zweite Sohn ist so ganz anders als der Erstgeborene und Maria kann ihn als Folge ihrer Verfehlung nicht wirklich annehmen und lieben. Immer wieder überlegt sie, ob sie ihrem Mann ihren Fehltritt beichten soll. Malt sich aber aus, dass sie ihm eigentlich nur unnötige Qualen zufügen wird.

Durch ein Unglück verliert Maria ihren Mann und ihren Erstgeborenen. Bei der Testamentseröffnung gesteht sie: „Erich ist nicht erbfähig. … Nein, nein, ich bin nicht wahnsinnig, ich weiß, was ich rede. Ich kann die Lüge nicht mehr ertragen. Der ist tot, dem zuliebe ich es getan habe.“

Die Konventionen der damaligen Gesellschaft treffen sie in voller Härte. Selbst der eigene Vater weigert sich zunächst, die Ehebrecherin aufzunehmen, obschon er selbst stets fremdgegangen ist und einen unehelichen Sohn hat.

Dieser „Ehebrecherroman“ ist fünf Jahre vor Fontanes „Effi Briest“ entstanden und zeichnet ein detailliertes Gemälde der damaligen Gesellschaft mit all ihren Konventionen, ihrer Doppelmoral, Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten, nicht nur im Verhältnis zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen den gesellschaftlichen Ständen, die Maria mit tätiger Nächstenliebe versucht zu mildern, soweit es in ihrer Möglichkeit liegt. Was ihr den Namen „Elisabeth von Thüringen“ eingebracht hat. Sie lässt sich in ihrer Empathie für ihre Mitmenschen nicht beirren, zahlt aber einen hohen Preis.

Die Ausgabe des Manesse Verlages wird ergänzt durch ein interessantes Nachwort von Sigrid Löffler, die lange in der Sendung das „Literarische Quartett“ mitgemacht hat, bis es mit Reich-Ranicki zu einem Streit gekommen ist und sie die Sendung verlassen hat.

Marie von Ebner-Eschenbach, Unsühnbar, Roman, Nachwort von Sigrid Löffler, aus der Reihe Manesse Bibliothek der Weltliteratur, Manesse Verlag Zürich, 2016, insgesamt 342 S., ISBN 978-3-7175-2414-4

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