Margret Greiner, Charlotte Salomon

Margret Greiner, Charlotte Salomon

„Es ist mein ganzen Leben.“

Margret Greiner wählt diesen Satz zum Untertitel ihrer spannend geschriebenen, interessanten Biografie über Charlotte Salomon, die mit diesen Worten dem befreundeten französischen Arzt Dr. Moridis im Exil ihr gemaltes Lebenswerk in einem Koffer übergibt, verbunden mit der Bitte, es zu beschützen.

Entstanden ist dieses Werk Charlotte Salomons als Aufarbeitung, als eine Art Therapie ihrer Lebensereignisse in Deutschland und im Exil, die sowohl in persönlicher als auch in gesellschaftlich politischer Hinsicht für Charlotte vielfach traumatisierend waren.

Reden konnte und wollte sie darüber nicht, aber malen, das war ihr möglich. Wie besessen arbeitete sie nach dem Selbstmord ihrer Großmutter, den sie nicht hatte verhindern können. Sicher arbeitete sie auch gegen ihre Angst an, verrückt zu werden, wie ihr dies der Großvater immer wieder prophezeite, da dies in der Familie liege. Bei einem seiner Wutanfälle erfährt sie auch, dass ihre Mutter nicht – wie immer behauptet wurde – an einer Grippe gestorben ist, sondern sich aus dem Fenster gestürzt hat.

„Sie wusste, Dr. Moridis würde ihr „ganzes Leben“ getreulich beschützen und es ihr zurückgeben, wenn sie wieder in Freiheit lebte, oder es Ottilie Moore aushändigen, falls sie nach Villefranche zurückkehrte.“

Charlotte hat Deutschland im Januar 1939 verlassen können, offiziell um die Großeltern in Frankreich übers Wochenende zu besuchen. Zu dem Zeitpunkt brauchte sie noch keinen Pass, den sie als Jüdin auch nicht mehr bekommen hätte. Ihr Vater und ihre Stiefmutter konnten sie nicht begleiten. Sie durften nicht mehr ausreisen.

Charlotte findet, so zurückgezogen und still sie lebt, kaum Freunde, nur Ottilie Moore, eine Amerikanerin, die verwaise Kinder aufnimmt und vor Übergriffen der Nazis zu beschützen versucht, findet Zugang zu ihr und Dr. Moridis, der Charlotte als Person und Malerin verehrt:

„Charlotte ist eine besondere Frau, einzigartig tapfer und einzigartig verletzlich. Ich will, dass sie überlebt.“

Das zu ermöglichen, hat er allerdings nicht schaffen können. Charlotte ist im fünften Monat schwanger in Auschwitz 1943 ermordet worden. Zurückgeblieben ist ihr Leben in Bildern, die viele Menschen, Künstler und Schriftsteller, inspiriert haben, sich mit diesem so kurzen Künstlerleben zu beschäftigen.

Margret Greiner ist eine gut lesbare, einfühlsame Biografie gelungen. Sie bringt den Lesern Charlotte Salomons Leben anhand ihrer Bilder nahe, vor allem auch ihr Innenleben mit den schwankenden Gefühlen, ihrer Einsamkeit und zunehmenden Isolation. 24 Bilder sind im Buch abgedruckt.

Beim Lesen entsteht eine Nähe zu Charlotte Salomon, sie sicher auch entstehen kann, wenn man sich intensiv mit ihren Bildern beschäftigt, die ja auch mit Texten Aussagen machen und Veränderungen in ihrem Leben in Bild und Worten feinfühlig nachvollziehen lassen. Margret Greiner ist genau diesen Weg gegangen, beides zu einem klaren, harmonischen Ganzen werden zu lassen.

Margret Greiner, Charlotte Salomon, „Es ist mein ganzes Leben“, Knaus Verlag, München 2017, 322 S., einschließlich der biografischen angaben zu den Personen, einer Zeittafel u. einem Literaturverzeichnis, ISBN 978-3-8135-0721-8

3 Gedanken zu „Margret Greiner, Charlotte Salomon

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