Mauern
Wir gehen aneinander vorüber,
Jeder in sich und sein Schicksal gebannt –
Wir schicken Gruß und Gebärde hinüber
und leben jeder in anderem Land …
Aber hinter Wällen und Mauern,
Die sich unsichtbar zwischen uns baun,
Lebt der einsamen Seelen Trauern
Und der verwirrten Geschöpfe Graun.
Suchender Sehnsucht trübe Funken
Schwirren über den Mauerrand –
Aber schon hat sie die Nacht getrunken,
Ehe das Licht zum Ziele fand …
Und von der nächtlichen Schwermut Fächeln,
Von der Wehmut des jähen Verwehns
Bleibt nur der wissenden Seele Lächeln
Über den kurzen Trug des Verstehns. –
Alles wähnt, im andern zu leben –
Wenige küssen im Dunkeln sich sacht,
Wenn die Mauern klingend erbeben –
Doch über allen brütet die Nacht. –
(Kurt Walter Goldschmidt 1877-1942)
5 Gedanken zu „Mauern“
Was für ein wunderschönes, eindringliches Poem. Man könnte fast meinen (wenn man die Lebensdaten des Schriftstellers nicht wüsste), der Text beziehe sich auf die heutige angespannte Situation.
Danke für diese Trouvaille, liebe Mona Lisa.
Und lieben Gruss,
Brigitte
Ich war auch erstaunt ob der Aktualität dieses Gedichtes.
Und ich adaptiere das wohlklingende „Trouvaille“ 😊
Lächelnde Grüße
eine wunde, verschorft und krustig, in farben, die am schwinden sind…
du findest gute bilder!
lieber gruß
Sylvia
Danke für deinen sehr poetischen Kommentar.
Im Moment ist der Radius für gute Bilder ein wenig eingeschränkt, aber ich bleibe dran ;)
Ich halte morgen eine Presentation über dieses Gedicht und würde gerne noch etwas über den Autor dazu sagen. Weiß hier jemand zufällig was über ihn? Im Internet kann ich nichts finden…