William Boyd, Ruhelos

William Boyd, Ruhelos

Ich brauchte mal wieder ein Buch, das spannende Unterhaltung bietet. Die Buchhändlerin gab mir diesen Roman in die Hand. „Ein gut geschriebener Spionageroman.“ „Nee, das ist nicht’s für mich.“ Ich mag keine Spionageromane, da ich bei meinem schlechten Namensgedächtnis irgendwann nicht mehr weiß, wer zu wem gehört bzw. wer gegen wen ist. Und das finde ich zu anstrengend. Doch sie ließ sich nicht beirren und begann, mir den Inhalt zu erzählen. Da ich ihr vertraue, habe ich mich überreden lassen.

Der Roman beginnt mit einem Zitat von Marcel Proust. Den ersten Satz dieses Roman hätte ich vorgeschlagen, finde ihn allemal besser als den ausgewählten schönsten ersten Satz von Grass.
„Wenn ich als Kind frech war, widersprach oder mich irgendwie schlecht benahm, wies mich meine Mutter zurecht, indem sie sagte: ‚Eines Tags kommt jemand und bringt mich um. Dann wird es dir leid tun.‘ “ Den Grund und Wahrheitsgehalt dieses Satzes erfährt der Leser im Laufes des Romans von der Tochter der Protagonistin, die in Teilen wie bei einem Fortsetzungsroman von der wirklichen Identität ihrer Mutter während des Zweiten Weltkrieges in Kenntnis gesetzt wird. Ein zweiter, eher als retardierendes Moment eingesetzter Handlungsstrang unterbricht die Schilderungen vom Leben der Mutter als Spionin, erzählt das der Tochter, die die wilden Sechziger in Hamburg erlebt hat, mit einem unehelichen Kind nach England zurückkehrt und sich mit Sprachunterricht über Wasser hält. Nebenbei versucht sie ihre Dissertation zu schreiben. Eher klischeehaft gehalten, erhöht aber die Spannung des Lesers, wenn der wissen will, wie es im Leben der Mutter weitergegangen, wer Vater der Ich-Erzählerin ist.
Die überschäumenden Kritiken auf der Rückseite kann ich so nicht nachvollziehen. Für einen, der wenig Erfahrungen mit dem Lesen von Spionageromanen hat, ein passabel spannender Roman.

William Boyd, Ruhelos, Aus dem Englischen von Chris Hirte, Berlin 2008, 368 S. ISBN 978-3-8333-0536-8

3 Gedanken zu „William Boyd, Ruhelos

  1. Ich hatte im November „Amitav Gosh, Das mohnrote Meer“ zu rezensieren. Vielleicht könnte dir dieses Buch gefallen. Es ist äußerst opulent, erzählt von Unmengen von Menschen, die auf einander treffen und hat mehr als 600 Seiten.
    Zeitweise ist der Roman sehr schwierig zu lesen, wegen der detaillierten Schilderungen der Wasserfahrzeuge, aber es lohnt sich, die Zahne zusammen zu beißen und sich durchzukämpfen. Schau mal rein!

  2. Das Thema: Das buch spielt anfangs in Indien zu zeiten der britisch/indischen Opiumindustrie. Inder der sozialen Unterschicht werden als Arbeiter (moderner Sklavenhandel) angeworben, nach Mauritius zu gehen und dort zu arbeiten. Der dritte Teil des Buches erzählt vom Leben auf dem Schiff. Die Psychogramme ganz verschiedener Menschen werden nachgezeichnet und das Leben an Bord sehr lebendig geschildert. Gib´s in google ein – sind eine Menge Rezensionen drin.

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