Maria Barbal, Wie ein Stein im Geröll

Maria Barbal, Wie ein Stein im Geröll

„Ich fühle mich wie ein Stein im Geröll. Wenn irgend jemand oder irgend etwas mich anstößt, werde ich mit den anderen fallen und herunterrollen; wenn mir aber niemand einen Stoß versetzt, werde ich einfach hierbleiben, ohne mich zu rühren, einen Tag um den anderern…“ So charakterisiert sich Concepció, von allen Conxa genannt, die Hauptfigur dieses zarten, poetisch geschriebenen Erstlingsromans Maria Barbals. Und Conxa werden in ihrem Leben oft heftige Stöße versetzt. Mit dreizehn Jahren wird sie  von ihren Eltern an eine kinderlos gebliebene Tante gegeben, der sie im Haushalt helfen soll. Obwohl sehr traurig und voller Angst, stellt Conxa diese Entscheidung der Eltern nie in Frage, fügt sich klaglos in die neue Umgebung ein und gibt sich auch damit zufrieden, dass Onkel und Tante kaum mit ihr reden. Unglücklich und unzufrieden ist sie dennoch nicht. Dann lernt sie Jaume kennen, die Liebe ihres Lebens, den sie trotz anfänglicher Widerstände von Onkel und Tante heiratet. „Man hätte meinen können, Jaume sei einzig und allein nur deshalb auf der Welt, um mir all meine Ängste zu nehmen, ein Licht anzuzünden, wo ich nur Dunkelheit sah, und um alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, wenn sie sich vor mir wie ein ein riesiger Berg aufzutürmen schienen.“ Diese innige Liebe der beiden hält bis zur Ermordung Jaumes durch die Faschisten. Danach ist in Conxas Leben nichts mehr wir vorher. Später geht sie mit der Familie ihres Sohnes nach Barcelona, einer Stadt, die sie dem Leser mit einer kurzen, anaphorisch gestalteten Aufzählung beschreibt: „Barcelone, das ist alles zu einer bestimmten Uhrzeit. …Barcelona, das ist niemanden zu kennen.“ Die Aufzählung und der Roman enden mit dem Satz: „Barcelona, das ist für mich etwas sehr Schönes. Die letzte Stufe vor dem Friedhof.“
Es ist ein Roman, der auf einfache, zarte, aber eindringlich bildhafte  Art Conxas Leben aus der Ich-Perspektive der Protagonistin darstellt. Ein Roman, der nicht nur eine innige Liebesgeschichte erzählt, sondern gleichzeitig, den Wandel der bäuerlichen Gesellschaft Spaniens aufzeigt, den Übergang von der Monarchie zur Republik und der Schreckensherrschaft der Faschisten, die alles ausrotten, was anders als verordnet ist. Eine empfehlenswerte Lektüre!

Maria Barbal, Wie ein Stein im Geröll, Roman, Aus dem Katalanischen übersetzt von Heike Nottebaum. Mit einem Nachwort von Pere Joan Tous, Berlin, 2007, 107 S. plus Nachwort, ISBN 978-3-88747-221-4

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