Hexenjagd im 20. Jahrhundert

Hexenjagd im 20. Jahrhundert

Wozu führen ganz normale Gesten der Menschlichkeit oder Barmherzigkeit in unnormalen Zeiten?
Etwa das Herrichten eines Weihnachtstellers durch ein weibliches Familienmitglied für einen Polen, der als Zwangsarbeiter auf einem Bauernhof in Westfalen arbeiten musste?  – ins Frauen-KZ Ravensbrück.
Oder die Hilfe eines polnischen Zwangsarbeiters für ein dreizehnjähriges Waisenkind, das für mehrere Geschwister und das Vieh sorgen musste? – in die Fürsorgeerziehung, ebenfalls ins KZ Ravenbrück. Einige dieser „Bettpolitischen“ bekamen dann auch noch besondere medizinische Betreuung: mit ihnen wurde fleißig experimentiert.
All das konnte man heute Abend in einem Vortrag von Dr. Gisela Schwarze erfahren, die mit ihrem Buch „Es war wie eine Hexenjagd“ auf das Schicksal der Frauen hinweist, denen  – meist unberechtigt – (sexuelle) Verhältnisse mit schlechtrassigen Männern nachgesagt wurden, die diese Frauen dann unter Folter oft auch zugegeben haben. Aufgrund dieser erpressten, unterschriebenen Geständnisse wurden ihre Wiedergutmachungsanträge nach dem Krieg abgelehnt. Sie wurden als Opfer systematisch verschwiegen. Die nach dem Krieg immer noch vorherrschende Stimmung, diese Frauen als „Flittchen“, „Polenhure“ oder „Russenliebchen“ zu diffamieren, hat dazu geführt, dass sich diese Frauen lange nicht einmal engsten Angehörigen anvertraut haben. Durch Gisela Schwarze, die sich selbst als Kriegskind bezeichnet, bekommen einige ihre Stimme wieder und erzählen von dem Unrecht, das ihnen angetan wurde.

2 Gedanken zu „Hexenjagd im 20. Jahrhundert

  1. All diese Dinge sind geschehen, und die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen. Aber es gilt, Licht in das Dunkel zu bringen.
    Staatsschulden wollen wir nicht den folgenden Generationen übertragen und reden immer davon, aber wir lassen sie ins offene Messer laufen, wenn wir nicht deutlich machen, wozu der Mensch fähig ist. Konstellationenn wir 33 kann es immer wieder geben, und sollte dann nicht der Anfang einer Aufklärung gemacht sein?
    „Das haben wir nicht gewusst (auch das hatten wir schon) – wir dachten immer, die Kinder bringt der Klapperstorch!“

    Was mich nachdenklich macht und ich nicht genau einzuschätzen vermag, ist, das das Thema zur Zeit an besonderer Aktualität gewinnt. Entweder, es ist eine persönliche Fokussierung von mir, oder vielleicht, wird die Gesellschaft in Krisen- und (für einige Menschen zur Zeit) in Notsituatinen sensibeler für das unmöglich Mögliche, oder ängstlicher, oder wachsamer, oder..?

  2. Vielleicht ist es auch nur so, dass „Eile“ geboten ist, da die Betroffenen inwischen schon sehr betagt sind und sich vielleicht im Bewusstsein ihrer Endlichkeit trauen, davon zu sprechen, die Grauen mitzu-teilen, dafür bedarf es aber sicher vertrauenswürdiger Menschen.

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