Karl Ove Knausgard, Sterben

Karl Ove Knausgard, Sterben

„Für das Herz ist das Leben einfach: Es schlägt solange es kann.“

Das ist der erste Satz des Romans. Für den Mensch mit diesem Herzen kann Leben ganz schön schwierig sein, besonders dann, wenn er einen Vater hat, der alles andere als liebevoll ist, der brutal ist, wenn er besoffen ist und das ist zunehmend öfter der Fall. Dieser Roman hat autobiografische Züge und kann als Entwicklungs-roman bezeichnet werden, da er die Kindheit und Adoleszenz des Erzählers darstellt bis hin zu seiner Existenz als Schriftsteller, Partner und Vater. „Sterben“ ist eine Art Abrechnung mit dem Vater, den der Erzähler nach dessen Tod unbedingt noch einmal sehen muss, um zu glauben, dass er tatsächlich nicht mehr lebt. „Nun sah ich das Leblose. Dass es keinen Unterschied mehr zwischen dem gab, was einmal mein Vater gewesen war, und dem Tisch, auf dem er lag, oder dem Fußboden, auf dem der Tisch stand, oder der Steckdose in der Wand unter dem Fenster, oder dem Kabel, das zu der Wandleuchte daneben führte.“
Der Roman ist nicht linear erzählt, hat Passagen, die man als philosophische Grübeleien bezeichnen könnte, dann aber auch Abschnitte, in denen Leben nahezu im Ver-hältnis eins zu eins dargestellt wird, was dem Leser leicht als Längen vorkommen mag, ähnlich wie im oben zitierten Satz, in dem nicht ein Vergleich angeführt wird, sondern gleich drei und man hat’s doch schon beim ersten verstanden.
Ich habe den Roman nicht in einem „Rutsch“ gelesen, dazu war er mir zu wenig unterhaltsam. Dennoch habe ich ihn zu Ende gelesen, weil mich – vielleicht als Söhnemutter – die Sicht des männlichen Protagonisten interessiert hat. Ich werde auch den Folgeband „Leben“ lesen, dann aber als Vielleserin warte ich, bis der Roman als TB erscheint und das kann dauern, denn „Lieben“ wird erst in 2012 auf Deutsch erscheinen.

Karl Ove Knausgard, Sterben, Aus dem Norwegischen v. Paul Berf, München 2011, 575 S., ISBN 978-3-630-87351-0

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