Leif Lasse Andersson, Midleifcrisis

Leif Lasse Andersson, Midleifcrisis

Nein, Midleifcrisis ist kein Druck- oder Schreibfehler. Leif Lasse Andersson (das Pseudonym eines Berliner Redakteurs) schreibt seine Geschichte auf, die beginnt: „Als meine Frau mich hinauswarf und ich mit 117 anderen schlief“, so der Untertitel des Buches.

„‚Du dämliche Sau!‘ “

Leif war traurig, aber noch viel zorniger, als sein Benz-Cabrio nach einer weiteren sinnlos vervögelten Nacht über die Autobahn in Richtung Hamburg rauschte. Neben ihm auf dem Beifahrersitz räkelte sich der Cowboy zufrieden im Ledersitz. ‚Mach mal halblang, Alter, war doch gar kein übler Fick.‘ “

Diese ersten Sätze machen Komposition, Inhalt und Sprache dieses „Selbsterfahrungsberichtes“ – so das Cover – deutlich. Leif ist nämlich mehr als einer. Er ist der kleine Junge, der sich nach Liebe und  Geborgenheit in (s)einer kleinen Familie sehnt, und der Cowboy, der den kleinen Leif beschützt, indem er  den kühlen nordischen Typen, den Macho, raushängen lässt, beruflich erfolgreich, der Frauen als Mittel zum Spaß ansieht, ohne Rücksicht auf Verluste, auf die eigenen und die der Frauen.

Nach einigen Ehejahren mit Elke, seiner Frau und Mutter der gemeinsamen („geilen“) Kinder Lisa und Lars, wird  ihm klar, dass Elke sich in den Cowboy verliebt hat und der kleine Lars emotional auf der Strecke geblieben ist. Beide holen sich das, was sie brauchen, außerhalb der Ehe, die nur noch wegen der Kinder aufrechterhalten wird. Nach einigen Hin- und Herdrohungen, die Ehe zu beenden, setzt Elke Leif kurz vor Weihnachten vor die Tür und sein Leben als Single beginnt:

„Beschissenes Zeitmanagement. Kein Kumpel, der mit euch saufen geht. Keine Frau auf der Piste, denen es ihr richtig besorgen könnt. Niemand zum Reden da außer der mitleidigen Verwandtschaft, aber nach Heiligabend und dem ersten Feiertag habt ihr einfach keine Lust mehr, noch einen Abend trübsinnig ins Kaminfeuer zu starren, während Mama darüber klagt, dass der Schneeräumdienst wieder nicht gekommen ist. … Am zweiten Feiertag bin ich zu Hause geblieben, nachdem ich an der Tankstelle die Vorräte an Halbliter-Wodka-Flaschen geplündert hatte.“

Ab da übernimmt der Cowboy das Kommando und Leif versucht, sich in der  „Internetwüste der Dating-Plattformen und Singlebörsen“ zurechtzufinden. Mit wechselndem Erfolg. Seine Erlebnisse, vor allem aber die diversen Körperteile und – zonen der Frauen werden ausführlich aus der männlichen Cowboyperspektive, offen, derb-zotig, nicht  zum Vorteil der Betroffenen, dargestellt, garniert mit (Selbst-) Ironie, einer Prise Galgenhumor und ab und an kritischen Selbstreflexionen,  die der Cowboy aber immer im Keim zu ersticken versucht.

Die Geschichte, „in der Leif Lasse Andersson im Kampf gegen die Midlifecrisis erst den Glauben an die Liebe und dann an sich selbst verlor“ soll den „Jungs“ zur Warnung dienen, wenn sie „beim Rasenmähen vor der Doppelhaushälfte keinen Bock mehr haben“ auf ihr Leben zwischen „Büro, Kinderturnen und Grillwürstchen-anbrennen-Lassen und nicht auf die Frau, die sie nur noch alle vier Wochen ranlässt.“ Ob für diese Warnungen 117 Frauen notwendig sind? Doch: Cowboys reiten mehr als sie nachdenken!

Eins scheint mir klar zu sein: Der Cowboy hat Angst vor der Liebe, Angst vor Verletzungen und hat deshalb eine so große Klappe. Es wird Zeit, dass Leif endlich erwachsen wird.

Insgesamt nicht unbedingt ein Buch für Frauen, die nicht gut wegkommen, sondern für Jungs, die Warnungen nötig haben.  Nur:  Ob die Zeit und Lust zum Lesen haben? Und Vorsicht: „Wenn’s euch nur um Fickgeschichten geht, packt das Buch lieber weg, denn in den nächsten Kapiteln wird wenig gevögelt. Mir macht das nichts, bezahlt habt ihr ja eh schon. “

Leif Lasse Andersson, Midleifcrisis, Als meine Frau mich hinauswarf und ich mit 117 anderen schlief, München 2013, 269 S., ISBN 978-3-86883-300-3

2 Gedanken zu „Leif Lasse Andersson, Midleifcrisis

  1. In mir sträubt sich alles dagegen, ein solches Buch zu lesen. Ich weiß, das gebe ich mir nicht, DAS nicht. Meine beiden Söhne würden es wohl auch kaum lesen wollen. Der eine liest grad „Arschtritt“- auch von einem Mann, doch anderer Tenor…
    Vorletzter Abschnitt Deiner Rezension zieht gutes Resümee….

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