Mitch Albom, Dienstags bei Morrie

Mitch Albom, Dienstags bei Morrie

Die Diagnose ALS ist immer noch ein Todesurteil. Diese erhält Morrie, ehemaliger Professor, eines Tages und verabschiedet sich auf seine ihm eigene Art von seinen Studenten:

„Ich habe dieses Seminar zwanzig Jahre gehalten, und dies ist das erste Mal, daß ich sagen kann, es ist überhaupt kein Risiko, es zu belegen, da ich an einer tödlichen Krankheit leide. Möglicherweise werde ich nicht lange genug leben, um bis zum Ende des Semesters zu unterrichten. Wenn Sie das Gefühl haben, dies sei ein Problem, dann habe ich volles Verständnis.“

Durch eine Fernsehsendung mit Morrie erfährt ein ehemaliger Student von dessen tödlicher Krankheit und nimmt Kontakt zu ihm auf. Ab da treffen sie sich immer dienstags, wie schon zu Studienzeiten. Es ist Morries letzter „Kurs“, in dem der ehemalige Student und mit ihm der Leser Anregungen bekommt, sich Gedanken über sein eigenes Leben zu machen.

„So viele Menschen, die mich besuchen kommen sind unglücklich. … zum einen ist die Kultur, in der wir leben nicht dafür geeignet, daß sich die Menschen mit sich selbst wohlfühlen. Wir lehren die falschen Dinge. Und man muß stark genug sein, um zu sagen: Wenn die Kultur nicht funktioniert, dann paß dich ihr nicht an. Schaff dir deine eigene. Die meisten Menschen können das nicht. Sie sind unglücklicher als ich – selbst in meiner augenblicklichen Verfassung.“

Und Morrie ist nicht unglücklich, er hat in all den Jahren ein liebevolles menschliches Sozialnetz geknüpft, das auch jetzt nicht zerreißt, sondern ihm hilft zu leben. Und da ist manch einer, der Morrie beinahe um die Qualität seiner Zeit beneidet. Dabei wird der körperliche Verfall nicht ausgespart, die Situation Morries also nicht idealisiert. Aber man kann von ihm lernen, anzunehmen, was nicht zu ändern ist. Geübt hat Morrie schon viel früher, indem er das Älterwerden angenommen hat.

„Älterwerden bedeutet nicht bloß Verfall. Es bedeutet Wachstum. Es beinhaltet mehr als die negative Perspektive, daß du sterben wirst, es beinhaltet auch das Positive, daß du verstehst, daß du sterben wirst und daß du deshalb ein besseres Leben lebst.“

Wohl dem, der das so sehen kann.

„Dienstags bei Morrie“ ist ein berührendes Buch, ohne Sentimentalität und Kitsch. Es hinterlässt einen mit Fragen wie:
Was ist das Wesentliche in meinem Leben?
Was entspricht also meinem Wesen?
Was ist mein Wesen?
und ausgestattet mit dem Tipp Morries, sich einen „Lehrer“ zu suchen:

„Du brauchst jemanden, der dir hilft, deine eigenen Wünsche zu erforschen. Es passiert eben nicht automatisch.“
Doch wer redet schon gerne freiwillig über solche Themen?

Mitch Albom, Dienstags bei Morrie, Die Lehre eines Lebens, a.d. Amerik. v. Angelika Bardeleben, 9. Aufl. 2002, 218 S., ISBN 3-442-45175-2

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