Zelda Fitzgerald, Himbeeren mit Sahne im Ritz

Zelda Fitzgerald, Himbeeren mit Sahne im Ritz

„Himbeeren mit Sahne im Ritz“ von Zelda Fitzgerald ist eine Sammlung ironisch feiner, sehr bildhaft erzählter Geschichten, in denen stets Frauen die Protagonistinnen sind. Die Männer sind in ihrem Leben entweder nicht (mehr) vorhanden, spielen eine eher unbedeutende Rolle oder sind Mittel zum Zweck weiblicher Pläne: „Es hatte einen weitsichtigen Ehemann gegeben, der ihr bis ans Lebensende jährlich fünftausend Dollar zahlen musste. Kein Zweifel, sie war in der Lage, auf dem Blumenpfad der Lust zu wandeln.“

Himbeeren mit Sahne im Ritz von Zelda Fitzgerald

Es sind insgesamt eigen-willige, eigen-sinnige, aber nicht wirklich emanzipierte Frauen, u.a. „Revuetänzerinnen“, „Leinwandköniginnen“, Sängerinnen, oder „Das Mädchen, das dem Prinzen gefiel“, allesamt aber mit großen Hoffnungen und Erwartungen an ihr Leben:

„Gracie war hübsch, für ein Mädchen von zwanzig Jahren allerdings ein wenig zu füllig. Ihr flachsblondes Haar hätte herrlich glatt und glänzend sein können, geradezu schön, wenn sie es nicht aufgedreht und über den Ohren festgesteckt hätte, bis ihr Kopf vollkommen deformiert aussah. Ihre blasse Haut schimmerte, ihre großen blauen Augen traten leicht hervor. Ihre Zähne waren klein und sehr weiß. Sie wirkte wo warm und feucht wie aus heißem Milchschaum geboren – was sich nicht ausschließen lässt, immerhin hatte niemand je ihre Mutter gesehen. Sie bewegte sich so sinnlich wie die Diva einer Burlesque-Show, jedenfalls in ihren eigenen Augen. … Im Stillen erwartete sie Großes vom Leben, und zweifellos war das einer der Gründe, warum das leben ihr Großes gewährte.“ Das Große entpuppt sich dann allerdings als ein Flop. Sie ist letztendlich nicht Hauptdarstellerin in einem Film, sondern eher dekorative Beigabe.

Von den meisten Frauen erfahren wir sehr detailreich, wie sie aussehen, sich in Gesellschaft verhalten, in der sie oft die „Position des hübschen Mädchens bekleiden“; was sie fühlen und denken eher nicht. Dafür spart dann der Ich-Erzähler nicht mit mehr oder weniger deutlichen, obwohl fein ironisch formulierten Kommentaren:

Das Auffälligste an Gay war ihre Art; man hatte fast den Eindruck, sie spiele sich selbst. Ihre Kleider und ihre Juwelen waren von ausgezeichneter Qualität, schmückten sie jedoch nur oberflächlich wie Lametta und Kugeln einen Weihnachtsbaum. … Ich merkte gleich, wie gut sie hierher passte, sie war so leicht und luftig, als hätte sie schon vor langer Zeit erkannt, dass sie dekorativ und unterhaltsam war und nicht auf der Welt, um Wesentliches zum Wohl der Allgemeinheit beizutragen.“

Die Frauen der meisten Erzählungen bewegen sich wie auf einer Bühne, spielen Rollen, sind in ihrem Wesen kaum fassbar, was in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts, der Entstehungszeit dieser Erzählungen, wohl auch nicht angesagt war.

Diese Erfahrungen hat Zelda Fitzgerald selbst sehr oft machen müssen, was dem interessanten und aufschlussreichen Nachwort von Felicitas von Lovenberg zu entnehmen ist. Die schriftstellerischen Leistungen, von denen ihr weitaus berühmterer Mann F. Scott Fitzgerald häufig wohl auf ihre Kosten profitierte, musste sie stets hinten anstellen. Sie hat auch erleben müssen, dass sich ihre eigenen Veröffentlichungen besser verkauften, wenn sie unter dem Namen ihres Mannes erschienen.

Die Erzählungen mögen seltsam fremd für heutige LeserInnen sein – bereits „Ritz“ im Titel erweckt glamouröse Assoziationen – erlauben sie doch Einblicke in „Schrankkoffer voller Tüllkleider„. Gleichzeitig enthalten sie aber auch Hinweise auf die Folgen zunehmender Industrialisierungen für die ländlicheren Bereiche , wenngleich auch „nur“ hinsichtlich der Auswahl heiratsfähiger Kandidaten eines Dorfes.

Die bildhafte Sprache Zelda Fitzgeralds und ihre Fähigkeit, Menschen zu charakterisieren, lohnen die Lektüre allemal. Da liest man vom „Korsett der Geschäftszeiten“,von fiebriger Wintersonne„, von Männern mit „Hochglanzgesichtern“, es gleiten „Stimmen auf den Sonnenstrahlen durch den Garten und klirren dabei wie Messingstangen, die sanft über eine Gardinenstange gezogen werden“ … Insgesamt eine vergnügliche Lektüre.

Zelda Fitzgerald, Himbeeren mit Sahne im Ritz, Erzählungen, a.d.amerik. Engl. v. Eva Bonné, Nachwort v. Felicitas von Lovenberg, Manesse Verlag Zürich 2016, 218 S., ISBN 978-3-7175-2400-7

2 Gedanken zu „Zelda Fitzgerald, Himbeeren mit Sahne im Ritz

  1. Auf dem Blumenpfad der Lust, na, wer da ewig wandeln kann…Kommt ja irgendwann Langeweile auf. Fitzgerald war eine gequälte Frau, lebensendlich in Anstalten…Trotzdem oder weil lese ich gerne ihre „Sachen“!

  2. moin, moin, von „ewig“ ist ja nicht die Rede.
    Ewig das gleiche, ist immer blöd, langweilig, oder?
    Wenn du gerne ihre „Sachen“ liest, dann sind die Erzählungen sicher auch etwas für dich.
    Herzliche Grüße

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