Haruki Murakami, Birthday Girl

Haruki Murakami, Birthday Girl

„An ihrem zwanzigsten Geburtstag arbeitete sie wie jeden Freitagabend als Kellnerin. Allerdings hätte sie sich an diesem Freitag lieber freigenommen, zumal das andere Mädchen, das im Restaurant jobbte, sogar bereit gewesen wäre, mit ihr zu tauschen.“

(Copyright Kat Menschik, Dumont Verlag)

Doch an diesem Abend ist vieles anders. Hätte sie nicht arbeiten müssen, wäre es nicht zu der Begegnung mit dem Besitzer des Hotels gekommen, dem sie an diesem Tag – ausnahmsweise – das Essen auf sein Zimmer 604 bringen soll. Bisher hat ihn noch kein Mitarbeiter gesehen, denn der Besitzer isst nie im Restaurant.

An diesem Tag muss der Geschäftsführer wegen großer Übelkeit nach Hause gehen und überträgt der Aushilfskellnerin seine Aufgabe, versehen mit genauesten Instruktionen. Sie ist bemüht, diese ebenso genau einzuhalten. Doch dazu kommt es nicht, da der Restaurantbesitzer – ein alter Herr mit „schwarzen, blitzblank polierten Lederschuhen“ – sie bittet:

“ ‚Würden Sie mir fünf Minuten Ihrer Zeit schenken, gnädiges Fräulein? Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten.‘
Gnädiges Fräulein? Unwillkürlich errötete sie.
‚Ja, das wird schon gehen … wenn es nur fünf Minuten sind.‘
Immerhin bezahlte er ihren Stundenlohn, also konnte von Schenken keine Rede sein. Außerdem erweckte der alte Herr nicht den Eindruck, als hätte er etwas Ungebührliches im Sinn.“

Als er erfährt, dass sie Geburtstag hat, will er ihr ein Geschenk manchen.
„Mein Geschenk hat keine konkrete Form und auch keinen Preis. … Also, ich möchte einer schönen Fee wie Ihnen einen Wunsch gewähren. Was auch immer Sie sich wünschen, ich werde es Ihnen erfüllen. Natürlich nur, wenn Sie überhaupt einen Wunsch haben.“

Der Ich-Erzähler, ein Freund des „Birthday Girls“, erzählt von dieser sonderbaren Begegnung zwischen dem alten Herrn und der Beschenkten, die wiederum diesem Freund Jahre später davon berichtet.

Diese leise zarte, ungewöhnliche Begegnung bleibt in der Schwebe, denn der Leser erfährt weder den Wunsch der jungen Frau, noch, ob sich dieser Wunsch im Leben je realisiert hat. Die sprachlich in typisch Murakamischer Einfachheit gestaltete Erzählung hat märchenhafte Züge, die form- und farbvollendet von Kat Menschik in der unnachahmlichen Art ihrer Illustrationen hervorgehoben werden. In allen Rot-Schattierungen erlebt der Leser eine Sinnenfreude, die nicht nur das Auge erfreut, sondern auch durch die Gestaltung des Schutzumschlages der Haptik entgegenkommt. Ein farblich abgestimmtes orangefarbenes Lesebändchen komplettiert den Lesegenuss des Bücherfreundes, vor allem desjenigen, der an bibliophilen Ausgaben seine Freude hat.

In dem Nachwort „Mein Geburtstag, Dein Geburtstag“, von Haruki Murakami geschrieben, geht es um seine Art und seine Gründe genauso seinen Geburtstag zu feiern. Fazit: „Birthday Girl“ ist ein sicherlich geeignetes Geburtstagsgeschenk für jemanden, der bereits alles hat, vor allem aber für Bücherfreunde und Fans von Murakami.

Haruki Murakami, Birthday Girl, mit Illustrationen von Kat Menschik, a.d.Jap. v. Ursula Gräfe, Dumont Verlag Köln 2017, 75 S., ISBN 978-3-8321-9858-9

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