
Anfang

Es kann kein Rausch sein – oder ich wäre nicht
Für diesen Stern geboren – nur so von ohngefähr
In dieser tollen Welt zu nah an
Seinen magnetischen Kreis gekommen.
Ein Rausch wär wirklich sittlicher Grazie
Vollendetes Bewusstsein? – Glauben an Menschheit wär
Nur Spielwerk einer frohen Stunde –?
Wäre dies Rausch, was ist dann das Leben?
Soll ich getrennt sein ewig? – ist Vorgefühl
Der künftigen Vereinigung, dessen, was
Wir hier für Unser schon erkannten,
Aber nicht ganz noch besitzen konnten –
Ist dies auch Rausch? so bliebe der Nüchternheit,
Der Wahrheit nur die Masse, der Ton, und das
Gefühl der Leere, des Verlustes
Und der vernichtigenden Entsagung.
Womit wird denn belohnt für die Anstrengung
Zu leben wider Willen, Feind von sich selbst zu sein
Und tief sich in den Staub getreten
Lächelnd zu sehn – und Bestimmung meinen.
Was führt den Weisen denn durch des Lebens Tal,
Als Fackel zu dem höheren Sein hinauf –
Soll er nur hier geduldig bauen,
Nieder sich legen und ewig tot sein.
Du bist nicht Rausch – du Stimme des Genius,
Du Anschaun dessen, was uns unsterblich macht,
Und du Bewusstsein jenes Wertes,
Der nur erst einzeln allhier erkannt wird.
Einst wird die Menschheit sein, was Sophie mir
Jetzt ist – vollendet – sittliche Grazie
Dann wird ihr höheres Bewusstsein
Nicht mehr verwechselt mit Dunst des Weines.
(Novalis)
Ein Gedanke zu „Anfang“
Ein schwieriges Gedicht, wie ich finde. Ich komme damit nicht so zurecht, leider. Es ist alles nur angedeutet und wenig fassbar.
Aber das Poem wirft existenzielle Fragen auf, das ist nicht schlecht.
Ich frage mich: Was soll höheres Bewusstsein wohl sein? Der Glaube, die Leuterung? Dass sich die Menschheit einst vollendet in Grazie und Sittlichkeit, kann ich schon gar nicht glauben, aber schön wärs!!!
Einen lieben Gruss in den Sonntagabend,
Brigitte