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Kategorie: Buch-Rezensionen

Birgit Birnbacher, Wovon wir leben

Birgit Birnbacher, Wovon wir leben

„Wird Zeit, dass das Jahr zu Ende geht. Wenigstens eines habe ich gelernt: die vollständige Atmung. Immer mehr aus als ein. Ziemlich einfach zu merken: immer mehr geben als nehmen.“ Mit diesen Sätzen beginnt der neue Roman Birgit Birnbachers, der im Grunde genommen die Situation der Protagonistin beschreibt. Sie ist in vielfacher Hinsicht am Limit: asthmakrank droht ihr nach der Gesundschreibung wegen eines später als „mittlere Fahrlässigkeit“ eingestuften Fehlers bei der Behandlung einer Patientin als Krankenschwester die Kündigung, was mit…

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Annie Ernaux, Die Scham

Annie Ernaux, Die Scham

„Sprache ist nicht Wahrheit, sondern reflektiert unser Dasein in der Welt.“ Dieses Zitat von Paul Auster ist dem 1997 in Paris erschienen, 111 Seiten langen Roman von Annie Ernaux vorangestellt. Er erzählt von einem einschneidenden, die gesamte weitere Existenz der 12 jährigen Annie prägenden Erlebnis, mit dem auch der Roman – wie bei einer Short Story – völlig unvermittelt beginnt: „An einem Junisonntag am frühen Nachmittag wollte mein Vater meine Mutter umbringen.“ Alles sonst war wie immer am 15. Juni…

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Eva Vieznaviec, Was suchst du, Wolf?

Eva Vieznaviec, Was suchst du, Wolf?

„Alkoholiker sehen die Welt immer vom dunklen Abgrund aus. Um an der Oberfläche zu bleiben, muss ein bestimmtes Maß an Trunkenheit gehalten werden, sonst wird alles unerträglich. So ist die Realität dieser Krankheit.“Nein, es ist kein Roman über eine Alkoholikerin, obschon Ryna, die auf dem Weg von Deutschland, wo sie als Altenpflegerin gearbeitet hat, nach Hause ist, als „städtische Alkoholikerin“ bezeichnet wird, die die innere Leere mit Alkohol dämpft, sobald sich diese bei aufsteigender Nüchternheit bemerkbar macht. Mit dem Zug…

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Mirja Lanz, Sie flogen nachts

Mirja Lanz, Sie flogen nachts

„Der Wind ist ein Dichter, er schreibtdie Welt ins Reine;nun ruht er und lässt das Leben sich setzen wie Staub.“ Toivo Laakso Diese Zeilen stellt Mirja Lanz ihrem Debütroman „Sie flogen nachts“ voran, der von Aava, einer jungen Frau erzählt, die im Winter in die Heimat ihrer Vorfahren fährt: „Es war ein Land aus Wald und Wasser, das Aava in einem Zug durchreiste, an einem Wintertag, so windstill, dass er flüssig war.“ Es ist ein insgesamt handlungsarmer, sprachlich allerdings sehr…

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Anne Cathrine Bomann, Blautöne

Anne Cathrine Bomann, Blautöne

Elisabeth muss sich im April 2011 von ihrem kleinen Sohn verabschieden, „den sie über Jahre der Spritzen und Hormonbehandlungen hinweg herbeigeschworen hatte, makellos an der Oberfläche, während unter seiner Brust die Krankheit schlummerte.“ Zum Entsetzen der behandelnden Krankenschwester will Elisabeth den Moment, in dem die Maschinen abgeschaltet werden, nicht miterleben. Sie fühlt sich fortan zum Weiterleben verdammt und trauert intensiv mit vielen körperlichen und seelischen Begleiterscheinungen. Ihr Fazit: „Trauer ist eine Krankheit, die einen zerfrisst.“ Was aber wäre, gäbe es…

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Annie Ernaux, Das andere Mädchen

Annie Ernaux, Das andere Mädchen

„Das andere Mädchen“ ist ein längerer Brief an die tote Schwester, von der die Ich-Erzählerin lange überhaupt nichts wusste. Von der Existenz dieser Schwester hat sie auch nicht offiziell von ihren Eltern erfahren, sondern eher aus Zufall durch ein von ihr belauschtes Gespräch zwischen ihrer Mutter und einer jungen fremden Frau aus Le Harvre, die ihre Schwiegereltern in der Stadt besucht, in der auch die Ich-Erzählerin mit ihren Eltern lebt. „Ich kann die Erzählung nicht Wort für Wort wiedergeben, nur…

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Jannie Regnerus, Das Lamm

Jannie Regnerus, Das Lamm

Immer mal wieder habe ich in Romanen Anregungen gefunden, sei es das Parfüm einer Protagonistin, das ich ausprobiert und auch für mich als angenehm empfunden habe, sei es die erwähnte Lektüre oder ähnliches. Dieser nur etwa 100 Seiten umfassende Roman könnte mich inspirieren, nach Gent zu fahren, um mir den Genter Altar von van Eyck anzusehen, der mit seiner Bildsymbolik in „Das Lamm“ eine wichtige Rolle spielt und im inneren Einband in ausgewählten schwarz-weißen Ausschnitten den Roman umschließt. „Joris beugte…

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Sahra Knausenberger, Elke Ehninger, Die Wildmohnfrau

Sahra Knausenberger, Elke Ehninger, Die Wildmohnfrau

Im Kunstanstifter Verlag ist dieser großformatige Roman Sarah Knausenbergers erschienen, der Roman einer ungewöhnlichen, unsteten Kindheit, illustriert von Elke Ehninger und ausgestattet mit einem leserfreundlichen farbigen Lesebändchen. Text und Illustrationen gehen – wie bereits in „Wenn ich Flügel hätte“ – eine sich jeweils ergänzende, verfeinernde, gelungene Symbiose ein. Sie ruft, liegt, wartet,deine Kindheit.Sie lacht, weint, summt,bis du endlichzurückkommstund sie dich wieder kleiden kann. Diese Zeilen der Autorin sind sind dem Roman vorangestellt, der mit Mias Schulabschluss beginnt, der Ich-Erzählerin: „Ich…

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Amanda Cross, Tödliches Erbe

Amanda Cross, Tödliches Erbe

Nach „Die letzte Analyse“, „Der James Joyce-Mord“ und „Thebanischer Tod“ ist „Tödliches Erbe“ der vierte Fall für Kate Fansler, einer mit einem Inspektor verheirateten Literaturprofessorin, deren Neugier und Wissbegierde sie zu einer Art „Pitbull“ werden lässt, wenn sie erst einmal „Lunte“ gerochen hat und ihr bei einem Todesfall etwas merkwürdig vorkommt. Oft ist es ein erster Eindruck, der sie stutzig werden lässt. Weshalb kann sie oft nicht begründen. Kate wird in ihrem Refugium auf dem Lande, weitab von fast allem,…

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Annie Ernaux, Der junge Mann

Annie Ernaux, Der junge Mann

Wenn ich die Dinge nicht aufschreibe,sind sie nicht zu Ende gekommen,sondern wurden nur erlebt. Die Liebesbeziehung der Mitte Fünfzigjährigen mit einem dreißig Jahre jüngeren Mann hat also bereits ihr Ende gefunden. „Ich arbeitete ohne Unterbrechung an meiner Erzählung und parallel dazu, mittels einer entschlossenen Distanzierung, an der Trennung. Zwischen ihr und dem Ende des Buches lagen nur wenige Wochen.“ Im Grunde genommen schreibt die Ich-Erzählerin nicht wirklich über die Beziehung zu diesem jungen Mann, der seltsam blass bleibt, sondern das,…

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