Franz Schuh,Gedankenspiele über das Herz

Franz Schuh,Gedankenspiele über das Herz

Jeder hat eins, ein eigenes oder inzwischen möglicherweise ein transplantiertes, bei dem ein Herzchirurg seine Hände im Spiel hatte bzw.: „… mein Herz in Händen gehabt.“

Keine Metapher wird in allen Bereichen des Lebens, bis in die Politik hinein „Herz statt Hetze!“, so ausgebeutet, überstrapaziert, trivialisiert, erhöht, ironisch, pathetisch oder verkitscht benutzt wie das Substantiv „Herz“. Es ist nahezu allgegenwärtig.

Franz Schuh geht auf seine eigene Art – er beschreibt seine Sprache selbstironisch als „krächzendes Altkirchenslawisch – als Schutz vor unwillkommenem Verständnis“ – auf die Suche nach Bereichen, in denen Herzmetaphern benutzt werden, „kramt“ in Erzählungen, Gedichten – immer dem Herz auf der Spur und wird fündig. Hier sein Beispiel für eine pathetische Überbeanspruchung:

„Mein ist, mein die ganze Welt!
Herzchen! Liebes Herzens-Herzchen
Was begehrst du, Herzens-Herzchen?
Fordre nur die ganze Welt.“
(Johann Wolfgang v. Goethe, genauere Angaben macht Schuh nicht)

Auch über den „ausgenüchterten Sinn“ vieler Redewendungen wie „herzlichst“ oder auch bei „herzlichen Grüßen“ „braucht man sich nichts zu denken, was nur im geringsten Herzklopfen verursachen könnte.“ Diese Anmerkung setzt aber voraus, dass die Benutzung einer Herzmetapher stets Herzklopfen verursachen sollte.

An die ziemlich „kauzige“ sprachliche Art Schuhs, sich dem Gebrauch von Herzmetaphern zu nähern, musste ich mich erst gewöhnen. Man muss sie ja auch nicht mögen. Dennoch bietet dieses Büchlein einen Fundus an Beispielen, zu denen man sich ja auch seine eigenen Gedanken machen kann. Und man selbst entscheidet, ob ich mit „herzlichen Grüßen“ eine Floskel benutze oder tatsächlich „Herzensgrüße“ verschicke.

Franz Schuh, Gedankenspiele über das Herz, Literaturverlag Droschl, Graz-Wien 2024, 48 S., ISBN 987-3-99059-168-0

2 Gedanken zu „Franz Schuh,Gedankenspiele über das Herz

  1. Solche Gedankenspiele gefallen mir.
    Oh ja, das Herz wird über alle Massen beansprucht, nicht nur in der Trivialliterautur. Und doch trifft man in dichterischen Werken hie und da auf Wendungen, in denen das Herz ganz ohne Pathos sozusagen am richtigen Fleck schlägt und uns berühren kann.
    Beispiel gefällig?

    „Im Herbst vielleicht
    ein leichtes Herz erfinden
    schlafen vielleicht
    in reifen Früchten die gefallen sind
    und hören
    von der Klarheit des Kreises
    von der Geometrie der Vogelzüge
    hoch über gepflügter Umbra
    und fliehendem Licht“

    Werner Lutz in „Flusstage“

    In diesem Sinne ♥-liche Grüsse.

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