Maxim Leo, Junge aus West-Berlin

Maxim Leo, Junge aus West-Berlin

(© Maxim Leo/Kat Menschik Galiani-Verlag)

Wunderbar! Ein neuer Band aus der Reihe der Lieblingsbücher ist gerade erschienen:
Nach „Das Haus“ ist ab heute „Junge aus West-Berlin“ zu erwerben.

Maxim Leo erzählt die Liebesgeschichte zwischen dem schüchternen Marc aus West- und der rothaarigen Nele aus Ostberlin, die sich im Sommer 1989 in Ostberlin über den Weg laufen. Die beiden erzählen – jeweils aus ihrer Ich-Perspektive von diesem Sommer, ihren Begegnungen, ihren Träumen und Begrenzungen.

Marc kommt während einer Klassenfahrt 1977 das erste Mal nach Berlin:
„Ich war gerade sechzehn geworden und fühlte mich auf dem Gipfel meiner Hässlichkeit. … Zudem fand ich mich selbst unfassbar langweilig. …
Manche werden jetzt sagen, na ja, so ist die Pubertät eben, keine schöne Lebensphase, muss man irgendwie durch. Nur dass bei mir die Phase eigentlich nie geendet hat. … Das Schlimmste war diese Idee, die ich von mir hatte und auch heute noch manchmal habe. Diese Idee, dass es keinen uncooleren Menschen auf der Erde gibt als mich.“


Und mit einem Mal erlebt er, dass er als Westler für Gleichaltrige und auch für Mädchen in Ostberlin interessant ist, die ihn bis dahin noch nie angesprochen haben. Vier Jahre später beginnt er in Berlin zunächst ein Studium und erlebt bei seinen Besuchen in Ost-Berlin immer wieder dasselbe:
„Die Leute verwandelten sich, sobald sie erfuhren, dass ich aus dem Westen kam. Es war wie ein Stromstoß, de sie durchzuckte, eine geheime Kraft, die sie zu mir hinzog.“

Sicher tragen nicht zuletzt die Geschenke, die er mitbringen kann, dazu bei, sein Image gewaltig aufzupolieren. Sein Ruf eilt ihm voraus und ist auch Nele nicht verborgen geblieben. Doch genau das imponiert ihr so gar nicht:

„Ich hatte vorher schon von Marc gehört, ich wusste, dass er ist eine große Nummer in der Westberliner Musikszene war und immer viele Geschenke dabei hatte. Was mich eher abgeschreckt hätte, ich mag Leute nicht, die mit Erfolg um sich werfen. Auf mich wirkte er an diesem Abend allerdings völlig anders, eher wie einer, der auch nicht so richtig weiß, wer er ist. … Ich hatte das Gefühl, wir könnten uns verstehen. Wobei ich mich frage, ob das nicht von Anfang an das Problem war, dass wir uns viel zu sehr verstanden haben.“

Ab da treffen sie sich regelmäßig in alten leeren Gebäuden, die sie sich als „Liebesnest“ gestalten, begegnen sich, erzählen von sich und erleben ihre erste Liebe, die gleichzeitig einen geleichzeitig die Zeit kurz vor dem Fall der Mauer erleben lässt. Doch trotz ihrer Vertrautheit und Nähe erzählt ihr Marc nicht die Wahrheit über sich:
„Immer wieder überlegte ich, ihr einfach die Wahrheit zu sagen, aber irgendwie war nie der Moment dafür. Und so weit reichte mein Vertrauen dann wohl doch nicht. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass sie mich einfach so mochte. Dass sie mich auch als Stühlestapler begehren würde. … Ich hatte das Gefühl ohne meine Legenden und ohne diese Mauer ein Niemand zu sein.“

Eine Einschätzung mit weitreichenden Folgen.

Sowohl Maxim Leo als auch Kat Menschik haben ihre Jugend in Ostberlin verbracht, können sich gut an die damaligen gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse erinnern, an die Zensur, die vieles nicht erlaubte und Bücher zu Kostbarkeiten machte, vor allem die aus dem Westen. Aber auch an die Aufbruchstimmung, die immer lauter werdende Rebellion der Bevölkerung.

Die Zusammenarbeit der beiden hat sie gelohnt. Ergebnis ist eine berührende, aber nie kitschige Liebesgeschichte „zwischen Ost und West“, wie immer ästhetisch, pointiert und mit viel Feingefühl illustriert von Kat Menschik, die sich dieses mal für zwei recht kontrastiv wirkende und sich dennoch wunderbar ergänzende Farben entschieden hat: Grau und Rosa. Sie selbst schreibt dazu:

„Meine Idee für dieses Buch war, allen Zeichnungen die Farbigkeit Ostberlins zu verleihen, dieses Grau in allen möglichen Tönungen. Ein warmes Grau, ein Grau mit Patina, ein lebendiges Grau, welches Geschichten erzählt. Aber eben ein Grau!
Hinzugefügt habe ich nur Rosa.
Klar, das ist die Liebe …“

(© Maxim Leo/Kat Menschik Galiani-Verlag)
Für mich eine empfehlenswerte, unterhaltsame Lektüre, die sich auch sehr gut als Geschenk für liebe Menschen eignet.

Maxim Leo, Junge aus West-Berlin, illustriert von Kat Menschik, Galiani-Verlag, Berlin 2024, 77S., ISBN 978-3-86971-304-5

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