Stille

Stille

Im Zimmer schwebt die Stille und die Wärme,
ganz wie ein Vogel in durchglühter Luft,
und auf dem schwarzen kleinen Tische
liegt still das Deckchen, dünn und zart wie Duft.
Das Glas mit klarem Wasser, wie ein Traum,
wacht, daß das Glöckchen neben ihm nicht lärme,
und wartet scheinbar auf die kleinen Fische.
Die rote Nelke dämmert in den Raum,
als wäre sie dort Königin.

Die ganze Stille scheint für sie zu sein,
und nur die Flasche mit dem süßen Wein
blinkt still und wie befehlend zu ihr hin.
Sie aber schwebt auf ihrem grünen Stengel,
dünn wie im Kindertraum das Kleid der Engel,
und ihr betäubend süßer Duft lullt ein,
als wollt‘ er aus dem Märchenschlaf Dornröschen rauben.

Die Fenster blicken auf die Straße und sie glauben,
daß dort sei alles nur für sie getan.
Der Spiegel glänzt und in ihm tickt die Uhr,
ganz weit im fernen Dorfe kräht ein Hahn,
und die Gardinen bändigt eine blaue Schnur.
Die Nelke mit den zarten roten Spitzen
harret des Sonnenstrahls, der durch die Ritzen
ihr heut ein Kleid aus Goldstaub angetan.

(Selma Meerbaum-Eisinger)

8 Gedanken zu „Stille

    1. Das ist nur eine Idee von mir, dass das eine ASt Dinggedicht ist/sein könnte. Ich bin da keine Spezialistin. Vielleicht ist es für ein Dinggedicht auch zu belebt. Aber auf jeden Fall ist das Beeindruckende, wie die Objekte (Dinge) in diesem Gedicht lebendig zu werden scheinen. :)

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