Der Missbrauch war katholisch

Der Missbrauch war katholisch

Immer wieder fällt der Satz: „Der Missbrauch war katholisch.“

Betroffene berichten von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Internaten, allerdings „nur“ Teil eines flächendeckenden Terror- und Willkürsystems, in dem man eingebettet war in einen rigiden Tagesablauf, in ein Regelsystem, in dem es unendliche viele Regeln gab, die niemand allumfänglich beachten konnte und man damit immer Gefahr lief, böse, schuldig, sündig oder minderwertig zu sein.
Und wenn Regelverstöße nicht ans Tageslicht kamen, war da immer noch der „liebe Gott“, der alles sah, alles hörte und sogar Gedanken lesen konnte. Entrinnen war nicht möglich. Es war ein Leben in einem System, welches das Monopol auf richtige Antworten besaß, das Fragen, Zweifel, Suche nach eigenen Antworten erst gar nicht zuließ.

Es war ein Leben, in dem das eigene Selbst verleugnet werden musste, ein Leben, in dem die frohe Botschaft Jesu zu einer Drohbotschaft verkommen war, ein Leben, in dem die Kirche das Glaubensmonopol besaß, ohne weltliche Gewaltenteilung. Ein Leben mit Schuldzuschreibungen, die alles betraf, was nicht der Norm entsprach, die eh nicht zu erfüllen war.

Langzeitfolgen einer solchen Erziehung sind u.a. Misstrauen, ständige Katastrophenerwartungen, ein Leben in Angst, ohne Lebensfreude, von Lebenslust oft gar keine Spur.
Diese Auswirkungen konnte jemand, der in der Sendung zu Wort kommt, erst in einer Klinik erfolgreich bearbeiten, in der Glaubensfragen Teil der Therapie sein durften, da die Bearbeitung des eigentlichen Missbrauchs einfach zu kurz griff.
Von einigen Opfern wird der eigentliche Missbrauch als weniger schlimm eingestuft als die sonstigen systemimmanenten Übergriffe, aber er war ein besonders perfider Teil.

Für sie ist klar: Der Missbrauch war katholisch!

Die Sendung „Lebenszeichen: Katholisch erzogen und im Internat missbraucht“ wird – wie immer – heute Abend im WDR 5 wiederholt und steht auch als Manuskript im Netz zur Verfügung.

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