Hanns-Josef Ortheil, Die große Liebe

Hanns-Josef Ortheil, Die große Liebe

„Plötzlich das Meer, ganz nah, eine graue, stille beinahe beruhigte Fläche.“

So beginnt einer der schönsten, ruhigsten Liebesromane, die ich bisher gelesen habe.
„Plötzlich das Meer, ganz nah“  so beginnen auch die Aufzeichnungen des Ich-Erzählers, die er immer wieder in einem schwarzen Notizbuch schreibt. Er ist beruflich in Italien, um Drehorte für einen Film zu suchen. Während seiner Recherchen trifft er im Meeresmuseum Dottoressa Franca, die ihn durch die Ausstellung führt. Ihre Art sich zu bewegen, vor allem aber zu reden, zu erzählen, zieht ihn augenblicklich an. Auch sie scheint Interesse an ihm gefunden zu haben. Denn obwohl die Dottoressa verlobt sein soll, trifft sie sich mit dem Fremden aus Deutschland.

Es entwickelt sich eine sehr unkonventionelle Beziehung, die gekennzeichnet ist durch eine hohes Maß an Übereinstimmung im Denken, Wahrnehmen, Fühlen und sinnlichem Genießen, so dass Reden oftmals müßig zu sein scheint. Diese Beziehung nimmt an Intensität und Nähe zu, je näher der Aufenthalt des Ich-Erzählers sich dem Ende zuneigt.
Gab es den einen Moment, an dem alles begann? Sie sind sich auch da einig:

„Du sagtest Es ist schön hier mit Ihnen, genau das war der Moment, es ist schön hier mit Ihnen hörte ich und hatte das Gefühl, als öffnete sich irgendwo eine kleine, winzige Tür, … es war ein Sprung, Zauberei, ich konnte nicht mehr zurück.“ Beide Protagonisten stehen mitten im Leben, sind Mitte dreißig und älter, und glauben eigentlich nicht mehr an die große Liebe, bis sie ihnen geschieht und sie es zulassen.

Unglaubwürdig? Das mag jeder für sich selbst entscheiden. Alltag erleben wir allerdings nicht mit ihnen. Wie’s weitergeht, ist der Phantasie des Lesers anheimgestellt.

Hanns-Josef Ortheil, Die große Liebe, Roman,  Sonderausgabe 3. Aufl. München 2009, 407 S., ISBN 978-3-442-73964-6

5 Gedanken zu „Hanns-Josef Ortheil, Die große Liebe

  1. DAS werde ich auf jeden Fall auch mal lesen. Mir haben schon zwei seiner Bücher so gut gefallen, dass ich ihn einen meiner Lieblingsschriftsteller nennen kann.

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