Nicole Rinder, Florian Rauch, Damit aus Trauma Trauer wird
„Ein Suizid stiftet unendliches Leid. Über diese Trauer kommt man nie ganz hinweg – es gibt nur einen Weg: Zunächst einmal, sie zuzulassen, durchzugehen, es auszuhalten. Dann die Trauer Stück für Stück ins eigene Leben zu integrieren. Trauer endet nie – aber die offenen Wunden können vernarben.“
Mit diesem Zitat einer Frau, die ihren Sohn durch Suizid verloren hat, beginnen Nicole Rinder und Florian Rauch. Es enthält in aller Kürze die Essenz eines veränderten „Weiterlebens nach dem Suizid eines nahestehenden Menschen“ – so der Untertitel dieses Buches. Es konzentriert sich also auf die Hinterbliebenen und nicht auf die Suizidprävention.
In klar gegliederten Kapiteln geht es um die verschiedenen Aspekte und Fragen, mit denen sich nahe Angehörige nach dem Suizid beschäftigen bzw. quälen, und um Möglichkeiten, mit diesen Themen und den damit verbundenen Gefühlen und Fragen der Schuld umzugehen. Es werden Sachverhalte geschildert, konkrete Übungen und Rituale angeboten, die helfen können, die Situation als gegeben zu akzeptieren und mit den eigenen Gefühlen und Fragen so umzugehen, dass die Trauer um einen nahen Angehörigen eigenes Leben wieder möglich macht und nicht in Erstarrung führt. Diese Übungen und Rituale sind noch einmal gesondert im Inneren des aufklappbaren Buchcovers zu finden – praktisch, übersichtlich, da schnell wieder zu finden.
Zitate von Max Frisch, Herman Hesse, Johann Wolfgang v. Goethe etc. sind Kapiteln vorangestellt und verdeutlichen in aller (poetischen) Kürze, worum es geht, wie man in der Krise nicht untergeht, sondern sie als Möglichkeit zu reifen begreifen kann, bei allem seelischen Leid:
„Und auch das unglücklichste Leben hat seine Sonnenstunden und seine kleinen Glücksblumen zwischen dem Sand und dem Gestein.“
(Hermann Hesse)
Hilfreiche Adressen und Literaturempfehlungen ergänzen diesen empfehlenswerten Band von Nicole Rinder und Florian Rauch, die als Bestattungsunternehmer und Trauerbegleiter ihre beruflichen Erfahrungen einfließen lassen, ergänzt durch private Erfahrungen, die Nicole Rinder durch den Tod ihres ungeborenen Sohnes und den Suizid ihres Bruders hat machen müssen.
Leider bleibt das letzte Kapitel „Gut zu wissen. Mit Kindern über Suizid sprechen“ – sicher ein sehr, sehr wichtiges Kapitel – ziemlich allgemein, mit zahlreichen Hinweisen, sich doch notwendige Unterstützung zu holen. Es gerät m.E. unterschwellig ein wenig arg zum Werbeträger für den Bestattungsunternehmer bzw. für die ihnen nahestehende Kinderstiftung. Sonst jedoch ein sicher lesenswertes Buch über den Umgang mit Trauer allgemein, besonders aber nach dem Suizid eines nahestehenden Menschen. Denn es zeigt die Not-Wendigkeit von Trauer auf, Wege, mit ihr zu leben und zur erkennen, wann Trauer krank macht.
Nicole Rinder, Florian Rauch, Damit aus Trauma Trauer wird. Weiterleben nach de Suizid eines nahestehenden Menschen, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, 190 S., ISBN 978-3-579-08632-3