Der Auswanderer

Der Auswanderer

Allein, allein! – und so will ich genesen?
Allein, allein! – und das der Wildnis Segen!
Allein, allein! – o Gott ein einzig Wesen,
Um dieses Haupt an seine Brust zu legen!

In meinem Dünkel hab ich mich vermessen:
„Ich will sie meiden, die mein Treiben schelten.
Mir selbst genug, will ich dieses Volk vergessen;
Fahr hin, o Welt – im Herzen trag ich Welten!“

Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen;
Mein Herz ist einsam, und mein Aug ist trübe.
Es reut mich, was frevelnd ich gesprochen;
Dem Hass entfloh ich, aber auch der Liebe.

Allein, allein! – und so will ich genesen?
Allein, allein! – und das der Wildnis Segen?
Allein, allein! – o Gott ein einzig Wesen,
Um dieses Haupt an seine Brust zu legen!

(Ferdinand Freiligrath)

6 Gedanken zu „Der Auswanderer

  1. Für mich hört sich das eher nach Verzweiflung an.
    Das Fragezeichen am Anfang und am Schluss deutet an, dass er sich das mit dem Alleingang ganz anders vorgestellt hat.
    Aber vielleicht irre ich mich auch.
    Einen lieben Nachmittagsgruss,
    Brigitte

  2. Das Gedicht wendet sich ganz klar gegen die Idee des Allein-Seins als Reaktion auf schlechte Erfahrungen. Die Idee, ganz allein zu „genesen“, wird vielmehr als „Dünkel“ und Vermessenheit erkannt.

    Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen;
    Mein Herz ist einsam, und mein Aug ist trübe.
    Es reut mich, was frevelnd ich gesprochen;
    Dem Hass entfloh ich, aber auch der Liebe.

    Am Ende bleibt nur noch die HInwendung zu Gott, der ja immer und auch jetzt noch da ist.

    Liebe Grüße, Andrea

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