Wilhelm Schmid, Schaukeln, Die kleine Kunst der Lebensfreude

Wilhelm Schmid, Schaukeln, Die kleine Kunst der Lebensfreude

Den Traum von einer eigenen Schaukel habe ich mir vor Jahren als Erwachsene erfüllt.
„Bekommst du Enkelkinder?“
„Nein, die ist für mich!“
„Ach so …“
Sich immer mal wieder auf die Schaukel zu setzen und die Leichtigkeit des Seins spüren zu können, das macht mir viel Freude, selbst im öffentlichen Raum geniere ich mich nicht, mich auf die Schaukel zu setzen und voller Freude hin- und herzuschwingen.

So hat mich das kleine Büchlein „Schaukeln“ von Wilhelm Schmid, von dem ich schon so einiges gelesen habe, sofort angesprochen. Schmid sinniert über das Schaukeln – mit seinem Hin und Her, seinem „Schwung holen“ über den „Höhenflug“ und dem sich abschließenden „Abschwung“ bis hin zum „Ausschwingen“ und dem „Absprung“ als Ankommen im Alltag – als eine Kunst, „mehr Lebensfreude“ zu gewinnen. Vor allem dann, wenn das Leben einen mit unausweichlichen Situationen, etwa dem (bevorstehenden) Tod eines geliebten Menschen konfrontiert.

Trägt das Bild vom Schaukeln, oder „verschaukelt“ es einen eher, lässt einen „in der Luft“ hängen? Es ist schon erstaunlich, wie viele Begriffe der deutschen Sprache sich mit dem „Schaukeln“ befassen. Voraussetzung dafür, dass es trägt, ist für Schmid die Akzeptanz,

„dass das Leben unerfreuliche Tage bereithält, die die Freude am Leben dennoch nicht beeinträchtigen müssen. Von Tag zu Tag schaukelt das Leben zwischen Erfreulichem und Unerfreulichem, auch wenn der einzelne Mensch nicht mitschaukeln mag oder endgültig aus dem Leben hinausschaukelt.“

Diese Akzeptanz führt zu einer stabilen Weltsicht, die aber eine schaukelnde ist, die „anderen und auch gegensätzlichen Deutungen im Hin und Her des Lebens eine Chance auf Bewährung gibt“. Das vermag die „festgezurrte“ Weltsicht nicht, „denn sie vermag der Beweglichkeit des Lebens nicht Rechnung zu tragen.“

Die Schaukel hilft auch als Bild für Beziehungen und Freundschaften, dann nämlich, wenn es um die sich einstellenden Auf und Abs geht, um das Thema „Nähe und Distanz“.
Wie immer ein lesenswertes Büchlein, das sich sicher auch zum Verschenken eignet.

Wilhelm Schmid, Schaukeln, Die kleine Kunst der Lebensfreude, Berlin 2023, 110 S., ISBN 978-3-458-6472-2

8 Gedanken zu „Wilhelm Schmid, Schaukeln, Die kleine Kunst der Lebensfreude

  1. Danke für die feine Besprechung.
    Ich liebe das Schaukeln schon von der Kindheit an und es konnte dabei fast nicht hoch genug gehen, bei Kirmesschaukeln auch schon mal rund herum… :–)
    (Das würde ich mich heute aber nicht mehr zumuten.)
    Einen lieben Gruss in den Tag,
    Brigitte

  2. Schaukeln mit Überschlag –
    so mutig war ich dann doch nicht.
    Heute mag ich auch die Nestschaukeln gern,
    es ist etwas gemütlicher und anschaulicher und damit altersangemessener ;)
    Herzliche Grüße

  3. Wie Inspiration funktionieren kann …. da ist doch glatt aus dem Schaukeln, von dem du hier berichtest, der Funke für einen „Text im Wiegeschritt“ zu mir gesprungen! :)
    Liebe Grüße, Andrea

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