Andreas Pflüger, Geblendet

Andreas Pflüger, Geblendet

Vorsicht! Suchtgefahr! Bitte mit dem Lesen erst dann beginnen, wenn genug Zeit, ist den gesamten Roman in einem Rutsch zu lesen. Den Leser erwartet Spannung pur! Man legt den Roman vielleicht ab und zu an die Seite, wenn man sich selbst ein wenig erholen, durchatmen muss.

Auch im dritten Band um Jenny Aaron, der durch einen Einsatz erblindeten Ermittlerin, geht es wieder um brisante (politische) Einsätze der Abteilung.
Jenny Aaron hat sich zum Meditieren zu ihrem Lehrer Kishō in die Blue Rich Mountains zurückgezogen und überlegt, ob sie sich einer Therapie unterziehen soll, die ihr möglicherweise das Augenlicht zurückbringen kann. Dort trifft sie auf Mason, einen brutalen Killer. Kishō lässt sie gegen Mason antreten. Sein Fehler ist, dass er Jenny als Blinde unterschätzt und verliert. Rache ist ab da sein Ziel.
Zurück in Europa begibt Jenny sich in die Hand des Spezialisten Reimer auf Rügen und nimmt bei einem Spaziergang die Gegenwart einer Frau wahr, die wie ihr Lehrer Kishō „die Luft nicht bewegt“. Auch diese Frau sinnt auf Rache. Sie sucht die Mörder ihres Vaters: Pavlik und Aaron. Lässt aber Aaron am Leben und entfernt sich. Ihre Gründe erfährt der Leser erst viel später.
Aarons Behandlung zeigt erste Ergebnisse, die sie aber in einen Zustand äußerster Verwirrung bringt. Mit der Zunahme ihrer Sehfähigkeit, die allerdings mit der vor der Blindheit absolut nicht vergleichbar ist, da sie nur Bruchstücke, Lichtflecken etc. wahrnimmt, nimmt gleichzeitig ihre außerordentlichen Fähigkeit zu hören, sich zu orientieren, Räume zu „vermessen“ ab. Und in dieser Situation tritt Demirci, die Leiterin der „Abteilung“ mit der Bitte an sie heran, die Abteilung – Aarons bisherigen Lebensinhalt – in einer Krisensituation zu unterstützen.

Die außerordentliche Spannung, die Andreas Pflüger zu erzeugen weiß, entsteht zum einen aus der Dramaturgie verschiedener Handlungsebenen und Träume, die in einander verwoben sind und ihre eigene Dynamik haben. Durch Andeutungen, Vorausdeutungen, Rückblenden, die immer wieder geschickt Ereignisse der vorherigen beiden Bände ins Gedächtnis des Lesers zurückholen und durch die Dramaturgie einzelner Kapitel, in die zigfach wiederholte, gleichlautende Sätze einen Spannungsaufbau bewirken:

„Aber deshalb hat sie Svoboda nicht verachtet.“ –

Man will endlich wissen, wofür sie ihn verachtet und eilt lesend durch den Text dieses Kapitels und weiß zudem ja, dass im Hintergrund noch vielerlei Unheil lauert.

Anders als in den vorherigen Teilen, hat Aaron es mit einer Zwillingsschwester zu tun, die wie sie ausgebildet ist in diversen Kampftechniken, den sie unterschätzenden Männern oft haushoch überlegen. In ihr findet Aaron ein – sie auf einer völlig anderen Ebene herausforderndes – Spiegelbild.

Diese drei Krimis gehören für mich zu den lesenswertesten Krimis. Spannend in der Handlung erfährt man als Leser noch eine Menge über die Welt der Blinden, der Meditation, der geistigen Grundlage der Kampfkünste, bekommt bedenkenswerte literarische Zitate mit auf den Weg. Und das alles präsentiert in einer an Neologismen reichhaltige Sprache. Mehr geht fast nicht! Spannende Unterhaltung in jeder Hinsicht.
Ob es der letzte Aaron-Krimi ist?

Andreas Pflüger, Geblendet, Thriller, Suhrkamp Verlag, Berlin 2019, 509 S., ISBN 978-3-518-42895-5

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