Ilja Mitrofanow, Zigeunerblut

Ilja Mitrofanow, Zigeunerblut

In dem Roman „Zigeunerblut“ erzählt Sabina als bereits alte Frau aus der Ich-Perspektive ihr Leben als Findelkindes, das bei Zigeunern aufwächst, Liebe und Zuneigung aber nur solange erfährt wie sein Ziehvater in seiner Schmiede arbeitet. Als er von den Sowjets geholt wird, weil er nicht in und für die Kolchose arbeiten will, wird es wie Aschenputtel behandelt, vom Stiefvater sogar vergewaltigt. „Seit jener Nacht war mir alles egal. Als ob etwas in mir abgestorben war, ohne überhaupt geboren worden zu sein.“ Sabina legt sich viele Seelen, Gesichter zu, verhindert, dass Menschen ihr in die Seele sehen können, und ist dennoch davon überzeugt, dass der Mensch, also auch sie eine „Hauptseele“ habe, „so rein wie ein Brunnen in der Steppe. Damit er in schweren Augenblicken in diesen Brunnen hineingucken, sich satt trinken und dann weitergehen kann.“ Und sie geht weiter, trotz aller Missachtung, die sie immer wieder erfährt. Und trifft dann auf Bogdan, einen Maler, der so ganz anders ist, der ihr die „Farben des Lebens“ zeigt.
Es ist der Roman über eine junge Frau, ihr Leben, ihren Widerstand gegen die Gegebenheiten, die sie nicht akzeptiert, über Vorurteile Minderheiten gegenüber, über das Scheitern einer Liebe und seine nicht nur individuellen Gründe. Es ist auch ein Roman, der indirekt die gesellschaftlichen Gegebenheiten nach dem Krieg unter sowjetischer Herrschaft anklagt. Die Sprache, der Erzählstil haben mir nicht immer gefallen, dennoch geben sie authentisch Sabinas Erfahrungen und Weltsicht wider. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass der Roman schon einige Jahre auf dem „Buckel“ hat.

Ilja Mitrofanow, Zigeunerglück, Aus dem Russischen von Ingeborg Schröder, Berlin 1992, 185 S., ISBN 3-353-00965-5

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