Joyce Carol Oates, Vergewaltigt

Joyce Carol Oates, Vergewaltigt

Der Titel „Vergewaltigt“, der Untertitel „Eine Liebesgeschichte“ – passt das zusammen? Das war mein Impuls, dies Buch zu lesen. Für mich passt es nicht zusammen, auch nach dem Lesen nicht.
Doch: Dieses Mal beginne ich á la Wildgans, die erste und letzte Sätze liebt:

„Nachdem sie mehrfach vergewaltigt worden war, getreten, geschlagen und zum Sterben auf dem Boden des dreckigen Bootshauses im Rocky Point Park liegengelassen wurde.“
und
“ ‚ Du hast mit einem Mal so einsam ausgesehen. Als hättest du ganz vergessen, dass ich auch da bin.‘ “

“ Sie“ ist die junge Witwe Teena, „du“ ihre Tochter Bethie, die beide nach einer Feier durch den Rocky Point Park gehen, überfallen und schwer misshandelt werden. Bethie gelingt es, sich trotz eines ausgekugelten Armes so im Bootshaus zu verstecken, dass sie von den Peinigern und Vergewaltigern ihrer Mutter nicht gefunden wird. Nach der Massenvergewaltigung gelingt es ihr, die Polizei zu alarmieren, der beim Eintreffenv sofort klar wird, was da passiert ist. Teena überlebt scher verletzt, traumatisiert und gezeichnet für ihr Leben. Sie ist nicht mehr in der Lage, für ihre dreizehnjährige Tochter und sich zu sorgen, sodass sie zu ihrer Mutter ziehen muss.
Das Ereignis spaltet die Einwohner in die, die der Version der Täter glauben und der Meinung sind, sie „Wollte es es nicht anders„, und denen, die Teena und Bethie glauben, die allerdings vor Gericht „schlechte Karten“ haben, da sie die Täter nicht eindeutig identifizieren können und Bethie in ihrem Versteckt ja nur hören, aber nicht sehen konnte.
Der Prozess steht in seelischer Hinsicht den körperlichen Verletzungen der eigentlichen Tat in nichts nach. Grausam, brutal, verlogen …
Doch dann geraten die Täter in Angst um ihr Leben, da einer nach dem anderen getötet wird oder einfach verschwindet.
Der junge Polizist, der Teena gefunden, mit ihr schon einmal vor der Tat gesprochen hat, agiert im Hintergrund als ihr Beschützer, der den Verlauf des Prozesses vorhersieht und handelt.
Das eine „Liebesgeschichte“ ?
Sicher eine verständliche Handlungsweise, die juristisch allerdings eindeutig als Selbstjustiz eingestuft werden muss. Doch wenn die Justiz die Opfer nicht beschützen kann oder will?
Der Roman ist in jeder Hinsicht -sprachlich, perspektivisch inhaltlich – brutal und direkt. Wie sollte es auch anders sein? Er gibt keine Antworten, greift aber wie  „Unter Verdacht“ ein gesellschaftlich brisantes Thema auf.

Joce Carol Oates, Vergewaltigt, Eine Liebesgeschichte, a.d. Amerikanischen v. Uda Strätling, Frankfurt 2012, 170 S., ISBN 978-3-596-16707-4

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