Oliver Bantle, Wolfs letzter Tag

Oliver Bantle, Wolfs letzter Tag

Die Kategorie „Lebenskunst-Roman“ ist mir – ehrlich gesagt – noch nicht untergekommen. Der Titel „Wolfs letzter Tag“ setzt eher Assoziationen von „einsamer Wolf“, „Tod und Sterben“ frei als von „Leben“ oder gar „Lebenskunst“.

Der Roman ist die Geschichte von Wolf dem Wolf, einem ehemaligen Leitwolf, dessen Tag gekommen ist, an dem er sein Rudel verlassen muss, um zu sterben. Wobei dieses Wort lange vermieden wird. „Jetzt ist es also soweit, denkt er. Ab Morgen muss der Wald ohne mich klar kommen.“ Ganz schön selbstherrlich.

Und so hat er regiert. Die, die seine (weltanschaulichen) Ansichten nicht teilten, mussten sich unterwerfen oder das Rudel verlassen. Von den anderen ist er verehrt und respektiert worden. Denn er hat verstanden, dass er ohne das „Einverständnis der anderen“ kein Oberhaupt sein kann.
Und Oberhaupt zu sein bedeutet für ihn:
– sich „selbst gestatten, den anderen den Weg zu weisen. … Dann – nur dann – folgen sie mir.“
– sich selbst zu respektieren, denn nur dann „begegnet man mir mit Respekt.“
– und einem Gesetz zu folgen das lautet:
„Wem das Leben eine Aufgabe stellt, dem schenkt es auch die Kraft, die er dafür benötigt. Immer! Ganz gleich, wie schwer die Aufgabe ist.“ (Viktor Frankl lässt grüßen!)

Seine Leitwolfaufgaben hat er beizeiten seinem Sohn übertragen, „natürlich“ mit großer Skepsis gegenüber dessen Neuerungen. Doch dieser grenzt sich sehr selbstbewusst ab, indem er erwidert: „Du hast auf deine Weise geführt. Ich tue es auf meine.“ Wolf wertet es als „Wahn …, alles besser zu wissen“ ab. Noch sind ihm „Selbstreflexion und – kritik“ Fremdworte.

Dem üblichen Abschiedsritual entzieht er sich, da er keine Abschiedsrede halten will. Diese Aufgabe übernimmt dann – bezeichnender Weise – seine Tochter, obschon Wolf der Meinung ist, die Rüden hätten zu regieren, um die Weibchen zu schützen.

Danach begibt er sich auf seinen letzten Weg und begegnet Tieren, die seinen Zustand erkennen und sich daher trauen, ihm Fragen stellen: Wie es ihm beim Töten ergangen sei, ob er Angst kenne, was wäre, wenn er sein Leben verlängern könne.

Eben „Lebenskunstfragen“.
Oft ist er – zur Verwunderung der Fragenden – ratlos, weiß keine Antwort.

Im Übergang zum Moor betritt Wolf dann ein Reich ohne Geräusche, ohne Schatten und wird von einer Schlange empfangen, mit der er seine Zweifel hinsichtlich der „Großen Wölfin“ diskutieren will. Doch ihre Antworten werfen ihn immer wieder auf ihn selbst zurück.

Kinder könnten die Verlegung ins Tierreich sicher ansprechend finden zumal die Sprache einfach ist und sehr oft auf bekannte Redeweendungen zurückgreift und Allgemeinplätze verwendet. Oder auch Erwachsene, die ihnen diesen Roman vorlesen und selbst gleichnishafte und mythische Darstellungen bevorzugen.

Oliver Bantle, Wolfs letzter Tag. Ein Lebenskunst-Roman, Tigerbaum Verlag, Freiburg 2014, 113 S., ISBN 978-3-9815172-8-6

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