Friedrich Ani, Idylle der Hyänen

Friedrich Ani, Idylle der Hyänen

Ein wenig krimileseerfahren bin ich inzwischen schon, aber ein solcher Typ von Kommissar ist mir noch nicht über den Weg gelaufen: Beruflich angefangen hat Polonius Fischer, genannt P-F, als Polizist. Als Mönch lebte er lange Zeit im Kloster und  ist inzwischen aber Kommissar bei der Mordkommission in München, – keine Sorge, sie sprechen Hochdeutsch! – ausgestattet mit einigen Priviliegien im Amt, persönlichen Ecken und Kanten, dennoch, vielleicht auch deshalb von seinen Mitarbeitern hoch geschätzt, von einigen fast schon verehrt, von seiner Freundin liebevoll „Herzensriese“ genannt.
Er ermittelt in einem Fall, bei dem eine Frauenleiche durch Zufall in einem Schrank in der Ecke eines Tiefgaragenplatzes entdeckt wird. Kinder haben beim Fußballspielen dagegen gekickt, so dass die Tür aufgesprungen ist. Die Todesursache ist eindeutig: Die Frau ist aufgehängt worden! Kurz drauf ist auch klar, dass die Tochter der Frau entführt worden ist.
Ein verkorkster Journalist, der in einigen Jahren nicht mehr als elf Sätze seines Romans aufs Papier bekommen hat, wird als Verdächtiger festgenommen. Doch mit dem Mord an dieser Frau hat er nachweislich nichts zu tun. Ein zweiter Mord muss aufgeklärt werden. Und beide werden innerhalb kürzester Zeit aufgeklärt. Alles scheint klar.
Aber es gibt da noch eine Innensicht der Mörder, ihrer Motive, die vor dem Gesetzt – sicher zu Recht – nicht gewürdigt werden können. Und die interessiert Polonius.
Die Leitung der Mordkommission weist klösterliche Merkmale auf. Neben Pünktlichkeit, Disziplin setzt der Kommissar eine gemeinsame Mahlzeit ein, die von allen still eingenommen wird – wie im Kloster. Und wie im Kloster beginnt Polonius aus Büchern vorzulesen, die er gerade liest, verbittet sich jeden Kommentar dazu, erntet zunächst Erstaunen der Betroffenen, die ihn aber schon nach kurzer Zeit unaufgefordert bitten, mit der Lektüre fortzufahren. Der Leser allerdings erfährt unmittelbar die Assoziationen der Mitarbeiter, die von anderern Abteilungen die „zwölf Apostel“ genannt werden.
Strukturell hat der Leser es mit verschiedenen, ineinander verwobenen Handlungssträngen, Gedankengängen, Perspektiven zu tun, die konzentriertes Lesen erfordern, damit man mitbekommt, von wem gerade die Rede ist bzw. aus wessen Perspektive erzählt wird. Sprachlich kommt der Roman ebenfalls sehr ungewöhnlich daher, Neologismen versuchen Unaussprechliches sprachlich zu fassen, wohl wissend, dass es eigentlich nicht möglich ist. Hier und da werden Bibelstellen zitiert, um Kontakt mit in sich eingeschlossenen, gegen sich selbst kämpfende Personen zu knüpfen.
Es ist ein Krimi, der einem nachhängt, denn im Zusammenhang der äußeren Handlung werden zahlreiche Themen wie Sünde, Verantwortung, Recht auf Selbstmord oder nicht, angesprochen, die die Klarheit und Eindeutigkeit der äußeren Handlung zumindest in Frage stellen.
Die Besprechung des zweiten Krimis mit Polonius folgt in Kürze.

Friedrich Ani, Idylle der Hyänen, München, 2. Aufl. 2009, 350 S. ISBN 978-3-423-21028-7

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