Henning Mankell, Der Chinese

Henning Mankell, Der Chinese

„Der Chinese“ fehlte mir noch in meiner Mankell-Sammlung, deren Reihe sich allerdings lichtet, seit meine Kinder diesen Autor für sich entdeck haben – nun ja was sollen die Krimis im Regal ein Schattendasein führen. „Der Chinese“ wird morgen auf Spanienreise gehen, im Gepäck eines meiner Söhne: „Schaffst du das bis Sonntag Abend?“
In diesem Krimi hat  Vivi Sundberg einen Fall von ungeheurem Ausmaß und unbeschreiblicher Brutalität aufzuklären: In einem kleinen schwedischen Dorf werden 19 Menschen, 18 sehr alte Menschen und ein kleiner Junge, ermordet, ja man kann sagen hingerichtet. Selbst die Haustiere dieser Menschen  werden „geschlachtet“. Es scheint auf den ersten Blick die Tat eines Wahnsinnigen zu sein – eine andere Erklärung ist kaum denkbar. Relativ schnell kommt es zu einer Festnahme, der Gefangene gesteht sämtliche Morde und erhängt sich in seiner Zelle, noch bevor er zu seinen Motiven befragt werden kann. Offiziell ist der Fall also abgeschlossen. Doch Richterin Birgitta Roslin, die Angehörige ihrer Familie unter den Opfern hat, kommen Zweifel, nachdem sie Aufzeichnungen ihrer Mutter gelesen hat. Die ermittelnde Beamtin kann sie offensichtlich nicht überzeugen, diesen Zweifeln nachzugehen, und so ermittelt Birgitta auf eigene Faust. Relativ schnell ist sie davon überzeugt, dass es nicht die planlose Tat eines Wahnsinnigen sondern die präzise Tat eines „Racheengels“ sein muss. Doch Rache wofür?
Parallel zu ihren Nachforschungen erhält der Leser Einblick in die Geschichte einer chinesischen Familie, die mehr als Hundert Jahre zurückliegt und Erklärungen für den unglaublichen Rachefeldzug gegen die Nachfahren eines schwedischen Aufsehers beim Bau der Eisenbahn in Amerika gibt. Neben den Toten in Schweden hat es nämlich noch einen inzwischen auch ausgerotteten Zweig in Nevada gegeben. Der jüngste Spross der chinesischen Familie ist inzwischen ein von vielen gefürchteter Aufsteiger im neuen China, dem die schwedische Richterin – ohne es zu wissen – bei einem Chinabesuch zu nahe kommt. Mehr wird nicht verraten.
Der insgesamt 603 Seiten lange Krimi ist ist in jeder Hinsicht weitschweifig. Denn neben den (spannenden) chinesischen und schwedischen Familiengeschichten hat man es auch noch mit (eher langatmigen) Spekulationen über Chinas Weiterentwicklung und möglichen Expansion auf dem afrikanischen Kontinent zu tun und einem Rückblick der schwedischen Richterin auf ihre rebellische, maoistisch angehauchte Jugend. -Wen interessiert das, wenn er einen Krimi liest? Mich nicht.
Alle Verzweigungen zusammengenommen finde ich ein bisschen zu viel (nicht des Guten!). Weniger wäre mehr und sicher auch (noch) spannender gewesen.

Henning Mankell, Der Chinese, Kriminalroman. Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt, München 2010, 603 S. , ISBN 978-3-423-212038

2 Gedanken zu „Henning Mankell, Der Chinese

  1. Ich lese den Artikel vorsichtshalber jetzt (noch) nicht, denn ich habe das Buch ungelesen auf meinem Stapel liegen. :-) Ich schau wieder vorbei, wenn ich schlauer bin…

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