27.1. Befreiung des KZ Auschwitz
„Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch.“
So lautet eine These Theodor Wiesengrund Adornos.
Des ungeachtet gibt es eine Reihe von Gedichten, die sich mit der Vernichtung der Juden in den KZ der Nazis befassen. Für mich persönlich ist die „Todesfuge“ von Paul Celan ein Gedicht, das poetisch treffsicher die Todesmaschinerie in den Vernichtungslagern beschreibt:
Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
Ich habe dieses Gedicht mehrfach im Deutschunterricht mit Schüler*innen interpretiert, die selten einen spontanen Zugang zu diesem Gedicht hatten, da ihnen viele Anspielungen zunächst nicht verständlich waren. Wenn dann aber „der Groschen“ gefallen war, herrschte Stille im Klassenraum.
Das Gedicht „Der Kamin“ von Ruth Klüger habe ich erst vor einiger Zeit entdeckt:
Täglich hinter den Baracken
Seh ich Rauch und Feuer stehn,
Jude, beuge deinen Nacken,
Keiner hier kann dem entgehn.
Siehst du in dem Rauche nicht
Ein verzerrtes Angesicht?
Auch sie hat in unterschiedlichen literarischen Gattungen ihre Erfahrungen verarbeitet und weitergegeben. Und das ist sicher sinnvoll und not-wendig gewesen für die vom Holocaust mittelbar oder unmittelbar Betroffenen und auch für die nachkommenden Generationen. Vielen von ihnen haben diese Dichter und Schriftsteller eine Stimme gegeben, stets nachzulesen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die, die noch aus eigener Erfahrung sprechen können, immer weniger werden. Doch mit ihrem Tod darf nicht auch die Erinnerung an die barbarischen Gräueltaten der Nazis vergehen.
Heute weniger denn je.
Mir machen die vielen Demonstrationen Mut, die überall in Deutschland stattfinden, an denen Menschen jeglichen Alters, vieler Kulturen, unterschiedlicher religiöser Ausrichtungen teilnehmen. Ich hoffe nur, dass sich das auch bei den nächsten Wahlen in Deutschland bemerkbar macht und der Aufwärtstrend der AFD gestoppt wird.
Dass Menschen sich mit Margot Friedländer, Holocaustüberlebende, klarmachen:
„Es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut.“
NIE WIEDER IST JETZT!! – immer wieder und jeden Tag.
Üben wir uns also im friedlichen Miteinander, wo immer wir die Möglichkeit haben.
4 Gedanken zu „27.1. Befreiung des KZ Auschwitz“
Danke für diese wunderbaren Zeilen und Gedicht-Anklänge.
Ja, wir müssen mit aller Kraft und Entschiedenheit dafür einstehen, dass sich ein solches Gewalt-Szenario niemals wiederholt!!!
Einen lieben Gruss in den Sonntag,
Brigitte
Ja, mit Kraft, Entschiedenheit, Mut und Kreativität.
Ich habe mir jetzt einen regenbogenfarbenen Regenschirm gekauft: für gute Laune bei – vermeintlich – schlechtem Wetter und als Ausdruck für Vielfalt und Respekt ;)
Herzliche Sonntagsgrüße, mit viel Sonnenschein garniert.
Auch von meiner Seite Herzensdank für Deine klaren Worte!
Ich glaube, es gab viele jüdische Mitmenschen, die ihrem Grauen, ihren Ängsten, ihren Nöten, ihren Schmerzen in Form von Gedichten Ausdruck verliehen, Rose Ausländer hat mit diesem Gedicht an Celan erinnert:
„Nur aus der Trauer Mutterinnigkeit
strömt mir das Vollmaß des Erlebens ein.
Sie speist mich eine lange, trübe Zeit
mit schwarzer Milch und schwerem Wermutwein.“
Wenn es über all das Grauen keine Gedichte geben dürfte, dann müsste wohl auch die bildende Kunst dazu schweigen.
Und genau so soll es ja keinesfalls und niemals sein – all das Erinnern, auch durch die Kunst, ist so bitter nötig, weil es darum geht, jeden Tag die eigenen Sinne, das eigene Bewusstsein zu schärfen – für Dinge, die einfach nicht mehr stattfinden dürfen!
In Ö findet im Herbst die Nationalratswahl statt, die derzeitigen Meinungsumfragen lassen Schlimmes ahnen …
Sehr nachdenklich, C Stern
Gut, dass du Rose Ausländer auch noch erwähnst, die Liste kann/ müsste noch vielfach aufgestockt werden.
Dieses Gedicht kannte ich von ihr auch noch nicht.
„Mutterinnigkeit“ welch schöner Begriff in welchem Kontext.
Kunst kann Leid nicht ungeschehen machen, vielleicht aber transformieren und dann dazu beitragen, dass man weiterleben kann.
Ja, die Populisten sind auf dem Vormarsch, gleichwohl macht die erfolgreiche Gegenbewegung in Polen Mut.
Nichts ist in Stein gemeißelt – allerdings auch der Fortbestand der Demokratie nicht.
Sonnige Sonntagsgrüße!