Museumsbesuch in Osnabrück

Museumsbesuch in Osnabrück


Seitdem ich den „Orgelmann“ von Mark Schaewers gelesen habe, hatte ich den Wunsch, mir das Felix Nussbaum Museum in Osnabrück anzusehen, zumal Daniel Libeskind Architekt eines Teils dieses Museums ist.
Nun musste ich genau an dem Tag, an dem die Deutsche Bahn bestreikt wurde, nach Hamburg. Notgedrungen bin ich mit dem Auto gefahren, obschon ich das so gar nicht wollte, doch Hotel- und weitere Reservierungen waren nicht mehr zu stornieren. Und es sollte doch auch mein Geburtstagsgeschenk werden.
Die Tatsache, dass ich jetzt ja sowieso mit dem Auto unterwegs war, habe ich dann glücklicherweise genutzt, mir die aktuelle Ausstellung anzusehen. Ich war nicht informiert genug, so dass ich zunächst ein wenig enttäuscht war, so wenige Bilder von Felix Nussbaum sehen zu können. Doch dann habe ich davon ablassen und mich auf die tatsächliche Ausstellung einlassen können und war sehr angetan.

Man konnte sich einen eigenen Katalog zusammenstellen. Mit dem Eintrittsgeld bekam man eine Mappe, in die man die in den jeweiligen Räumen hängenden Erklärungen zu den ausgestellten Exponaten legen konnte. So konnte man also selbst entscheiden, was man sich zu Hause gern noch einmal ansehen und nachlesen wollte. Es war eine insgesamt anregende Ausstellung, auch auf dem Hintergrund der politischen Entwicklungen in Europa, des Krieges in der Ukraine und der Angriffe der Hamas auf Israel.

Wo beginne ich mit meinem Widerstand? Wo sage ich „Nein!“?
„Sage Nein!“ hat Konstantin Wecker schon in den Neunzigern gesungen, angesichts der zunehmenden Anschläge auf Asylantenheime.

Ein mögliches Nein! wird in der Ausstellung sichtbar gemacht:

Diese Statue soll August Landmesser darstellen, der wahrscheinlich der Mann gewesen ist, der in einer Gruppe von Männern Hitler den Hitlergruß verweigert hat. Schon eine solche Geste kann ein Nein bedeuten und sichtbar machen.
Seit langem schon überlege ich. „Wie, wo, wann sage ich „Nein!“?“ Und welches Risiko bin ich bereit einzugehen? Wie weit würde ich gehen?

Auch wenn ich darauf noch keine konkreten Antworten habe, wahrnehmen, was ist, das ist auf jeden Fall eine not-wendige Haltung, aus der heraus sich dann auch Antworten und Handlungen ergeben können.
Insofern war der Museumsbesuch für mich ein Appel im Sinne von Hilde Domin:

Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten
.

6 Gedanken zu „Museumsbesuch in Osnabrück

  1. Wunderbar, dieser Post von dir zur Ausstellung und überhaupt.
    Danke für die schönen Anregungen und Fotos.
    Ja, auch hier wieder: Sprache, Bilder und Gesten als nicht zu unterschätzende Kommunikationsmittel.
    Lieben Gruss,
    Brigitte

    1. Kommunikationsmöglichkeiten sind sehr variantenreich, mal sehr eindeutig, immer wieder auch Anlass zu Missverständnissen, mit manchmal weitreichenden Konsequenzen.
      Herzliche Abendgrüße

  2. Deinem Museumsbesuch folge ich mit sehr großer Überzeugung, gesellschaftspolitische Fragen treiben mich um und an. Sie werden immer noch deutlicher in mir vernehmbar.
    Das Denken, das eigene Denken und Abwägen ist essenziell. Die Folgen eines Handelns oder Nichthandelns bedenken.
    Ich habe inzwischen erkannt, dass für mich Selbiges gilt wie bei der Ersten Hilfe: Es bringt nichts, mich in unmittelbare Gefahr zu bringen, also Haltung zeigen mit Augenmaß ist mir sehr wichtig. (Ich habe mich in der Vergangenheit schon in durchaus unangenehme Situationen gebracht, bishin zu Androhung und Andeutung von Gewalt.)
    Den Hitlergruß „damals“ zu verweigern, konnte auch für die Familie sehr unangenehme Folgen haben. An diese Zeit erinnere ich mich in diesen Wochen ganz besonders, denn es wiederholt sich einiges auf sehr hässliche Weise. Gerade Spaziergänge in der meinem Wohnort nahen Stadt Linz thematisieren diese Zeit deutlich.
    Nachdenkliche Grüße, C Stern

    1. Es freut mich sehr, wenn meine Beiträge „ansprechend“ sind und Impulse geben können.
      Deinen Vergleich mit der ersten Hilfe finde ich sehr passend.
      Es gibt für mich aber manchmal auch Situationen, in denen ich sehr spontan, intuitiv handle, und bisher ist es immer gut gegangen.
      Liebe Grüße in den Abend.

  3. dieses museum hat auch bei uns bleibende eindrücke hinterlassen. neben den exponaten auch das haus. Danke fürs teilen deiner eindrücke und erkenntnisse! die „Nein!“-skulptur war damals glaub ich noch nicht dort, sehr eindrücklich.
    lieber gruß

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