
Die weiße Blume

In Vaters Garten heimlich steht
Ein Blümchen traurig und bleich;
Der Winter zieht fort, der Frühling weht,
Bleich Blümchen bleibt immer so bleich.
Die bleiche Blume schaut
Wie eine kranke Braut.
Zu mir bleich Blümchen leise spricht:
Lieb Brüderchen, pflücke mich!
Zu Blümchen sprech ich: Das tu ich nicht,
Ich pflücke nimmermehr dich;
Ich such mit Müh und Not Die Blume purpurrot.
Bleich Blümchen spricht:
Such hin, such her,
Bis an deinen kühlen Tod,
Du suchst umsonst, findst nimmermehr
Die Blume purpurrot;
Mich aber pflücken tu,
Ich bin so krank wie du.
So lispelt bleich Blümchen, und bittet sehr –
Da zag ich, und pflück ich es schnell.
Und plötzlich blutet mein Herze nicht mehr,
Mein inneres Auge wird hell. In meine wunde Brust
Kommt stille Engellust.
(Heinrich Heine)
4 Gedanken zu „Die weiße Blume“
Ein wunderbar tröstliches Blumengedicht von Heine und schöne Blumenbilder von dir.
Lieben Dank dafür und frohe Sonntagsgrüsse,
Brigitte
„stille Engellust“ habe ich zwar nicht erlebt, aber Stille im Gesang des Frühlings ;)
Herzliche Sonntagsabendgrüße
Was für ein schönes Poem!
Richtig was fürs Gemüt!
Grüße von Sonja
Ab und an darf das
– selbst bei mir –
sein ;)
Liebe Grüße