Gewonnene Einsicht

Gewonnene Einsicht

Wähne nicht, daß in dem Weltgewühle,
Je ein Herz so wie das Deine fühle,
Daß ein andres folge Deiner Spur.
Wähne nicht, in sehnendem Umschlingen,
Andrer Herzen also durchzudringen,
Daß sie mit dem Deinen eines nur.

Einsam bist du, ob die bunte Menge,
Lobend oder tadelnd Dich umdränge,
Einsam in dem Kampf wie in der Ruh!
Einsam, bei der Freunde Scheinerbarmen,
Einsam selbst in Deines Liebsten Armen,
Denn sie alle sind nur sie, nicht Du.

Lerne drum, aus ihrem Kreis verschwinden,
Dich in Deiner eigenen Brust zurechtzufinden,
Lerne Du, Dein eigener Freund zu sein!
Alle Schwüre, die sie Dir versprechen,
Unwillkürlich werden sie sie brechen.
Deines Lebens Losung heißt: Allein!

(Betty Paoli)

4 Gedanken zu „Gewonnene Einsicht

  1. Tolles Bild – passt perfekt zu den Worten!

    Ich meine, es ist ein sehr weiser Rat, sich selbst Freund zu sein. Doch welch mühsame Reise oft dorthin, um diese Haltung zu erreichen.
    Trotzdem ist es wichtig, andere Menschen nicht für das eigene Glück verantwortlich zu machen. Mein DU ist eine Ergänzung, sie kann sehr wertvoll und kostbar sein, aber bestehen muss ich wohl, wenn’s hart kommt, auch allein.

    Alle sind nur sie, nicht Du. – Auf den Punkt gebrachte wertvolle Erkenntnis.
    Dankeschön für diese Erinnerungen, wenngleich ich manches nicht so drastisch sehe. Ich fühle mich nicht allein, es hat sich auch in schlimmster Not so eindrucksvoll gezeigt, dass ich nicht allein bin.
    Liebe späte Grüße ins Nachbarland!

    1. Für andere in der Not da zu sein und sich selbst Freund sein, sind für mich kein Widerspruch. Vielleicht ist das eine eher die Voraussetzung für das andere. Es verhindert Abhängigkeiten, es sei denn man ist krankheitsbedingt tatsachlich von der Hilfe anderer abhängig. Doch auch dann ist es sinnvoll, sich selbst Freund zu sein.
      Wünsche dir in diesem Sinne einen freund-lichen Tag.

  2. Ist das wirklich der Wunsch des lyrischen Ichs, oder eher eine bittere Erkenntnis?
    Ich wäre mir da nicht so sicher.
    Herzliche Grüße zu dir in die Schweiz, heute garniert mit zaghaften Sonnenstrahlen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert