
Kazuo Ishiguro, Was vom Tage übrig blieb. Illustriert von Janna Klävers

Der mit dem Booker Prize ausgezeichnete Roman des britisch-japanischen Nobelpreisträgers ist bei der Büchergilde Gutenberg in einer illustrierten Ausgabe erschienen, die dem bekanntesten Werk Kazuo Ishiguro eine optische Note verleiht. Bilder spiegeln das glanzvolle Anwesen Mr. Farradays auf Darlington Hall wider mit seiner Ausstattung, den Bewohnern und dem Personal, hauptsächlich repräsentiert von Steven, dem Butler, und Miss Kenton, der Haushälterin.

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive des Butlers erzählt und stellt insgesamt einen erinnernden Rückblick auf seine Arbeit auf Darlington dar, den er für sich während einer einwöchigen Fahrt durch England macht. Akribisch und detailliert beschreibt er seinen Alltag für seinen amerikanischen Dienstherrn, der das Anwesen von Lord Darlington gekauft hat, seinen Aufgaben- und Verantwortungsbereich, letztendlich für das gesamte Anwesen, das Personal und die vielen Besucher.
Mr. Farraday fühlte „sich offenbar sofort in der Lage, in einer geschäftsmäßigen und vertrauensvollen Weise mit mir zu sprechen, und am Ende unserer Begegnung hatte er mir die Verfügung über eine nicht unbeträchtliche Geldsumme übertragen zur Deckung der Kosten, die eine ganze Reihe von Vorbereitungen für seine bevorstehende Wohnsitznahme verursachen würde.“
Der Erzählmodus ist sehr distinguiert, distanziert und eloquent. Er verrät nur selten, was in seinen Gedanken vor sich geht, Gefühle scheint er keine zu haben. Im Vordergrund stehen seine dienstbeflissene Loyalität und ergebene Dankbarkeit für seinen Dienstherrn und der Stolz, für ihn und das Anwesen als Butler arbeiten zu dürfen:
„Es war mir vergönnt, Sir, im Laufe der Jahre innerhalb dieser Mauern das Beste von England zu sehen.“
Der Butler, über alles und jeden informiert, auch über die politisch und gesellschaftlich, teilweise geheimen Treffen wichtiger Politiker auf dem Anwesen, übt sich stets in vornehmer Zurückhaltung und lässt sich zu keiner Stellungnahme, keiner Gefühlsregung hinreißen, so als habe er keine. Anordnungen seines Dienstherren führt er aus, ohne Wenn und Aber, bürokratisch, emotionslos. Widerstände, Proteste seitens der Haushälterin Miss Kenton lässt er nicht gelten. Emotionen zählen für ihn nicht. So bemerkt er auch ihre zarten Annäherungsversuche nicht, bzw. stuft ihre Aufmerksamkeiten als zu unterbleibende Belästigungen ein.
Erst während seiner Rundreise kommt er mit der Landbevölkerung Englands in Kontakt und bemerkt den großen Kontrast zu seinem so abgeschotteten Butler-Leben auf Darlington. Seine Butleransichten und – verhaltensweisen bekommen die ersten Risse.
Dieser so sehr vielschichtige Roman ist 1993 vom US-amerikanischen Regisseurs James Ivory verfilmt worden. Diese illustrierte Ausgabe hat einen Leineneinband und ein Inneneinband farbig passendes Lesebändchen, also eine hochwertige Ausstattung.

Kazuo Ishiguro, Was vom Tage übrig bleibt. a.d. Engl. vv. Hermann Stiehl, mit Illustratioen von Jann Klävers, Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M. 2021, 319 S., ISBN 978-3-7632-7208-2