Adolf Muschg, Nur ausziehen wollte sie sich nicht

Adolf Muschg, Nur ausziehen wollte sie sich nicht

Worum geht es in dieser Novelle, die in einem „Beipackzettel“ als Lust-Spiel bezeichnet wird und mit dem Titel als erstem Satz beginnt: „Nur ausziehen wollte sie sich nicht.“ ?
Eine junge japanische Schauspielern soll sich für eine Filmszene ausziehen und ihren entblößten Oberkörper zeigen. Standhaft weigert sie sich, niemand kann sie überreden, obschon einige es versuchen. Langatmig, weitschweifig und langweilig erfährt der Leser dann in der Wartezeit so einiges über Autor, Regisseur, Drehort etc. und man fragt sich: wozu? Zweck ist möglicherweise die Länge der Zeit spürbar zu machen.
Die Dreharbeiten werden an diesem Tag unterbrochen und Autor, seine Partnerin A. und Mr. N., besichtigen das japanische Nachtleben. Das, was sie dort auf der Bühne präsentiert bekommen, wird in aller Detailgenauigkeit beschrieben: „Das Diagramm im Anatomiebuch, das, so dürftig es war, doch nur schnell und heimlich aufgeschlagen werden durfte: hier werden jene „Tafeln“ Fleisch. Hier darfst du nachsitzen soviel du willst, solange du zahlst.“ Der Film wird am nächsten Tag weitergedreht, ohne dass die Schauspielerin sich auszieht. Er ist ein „achtbarer, vielleicht etwas gedämpfter und unschlüssiger Film geworden.“ Zum Schluss erfährt der Leser dann noch, dass die Schauspielerin sich für andere Filme „natürlich“ ausgezogen hat.  Erklärung: „Sie kannte euch ja nicht.“
Wer Spaß daran hat, die literarische Darstellung einer Massenkopulation von Männern zu lesen, die in ihren heruntergelassenen Hosen an „Zweijährigen mit vollen Windeln“ erinnern, der sollte zu diesem Buch greifen. Doch Pornografie im engeren Sinne ist es nicht. Die, die danach suchen, würden enttäuscht. Diejenigen, die an einer gut erzählten Geschichte interessiert sind, sollten auf andere Werke (Muschgs) ausweichen.

Adolf Muschg, Nur ausziehen wollte sie sich nicht, Frankfurt 1995, 72 S. ISBN 3-518-40742-2

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