Ilma Rakusa, Mein Alphabet

Ilma Rakusa, Mein Alphabet

Das Alphabet brauche ich, um Worte, Sätze zu bilden, Geschichten zu erzählen. Ilma Rakusa, Kleist-Pristrägerin 2019, hat in ihrem Band von „Anders“ bis „Zaun“ ihr eigenes Alphabet zusammengestellt. In Form kleinerer Geschichten, Anekdoten und Gedichten hat sie ihre Lebenserfahrungen und -ereignisse einfließen lassen.
Interessant zu lesen, mal mit einem Lächeln verbunden: „Ich liebe das Meer vom Ufer aus, auf dem Meer werde ich sofort seekrank.“ Oder mit Staunen, etwa wenn sie – sehr poetisch – einen Granatapfel beschreibt. Sie preist die Geduld, schreibt über ihre Kleider, und bekennt in ihrem Loblied auf das „Querfeldein“, dass sie „Weltforscherin“ werden wollte, die als Wildfang nicht die Wege nimmt, sondern Feld und Wiesen quert aufs GeratewohlAls läge in diesem Quer meine große Freiheit. … Das Querfeldein lässt sich nicht planen, es ereignet sich.

Es sind nicht nur „nette“ Geschichten, sondern auch solche, die einen eher nachdenklich zurücklassen, z.B. wenn sie im letzten Kapitel über „Zäune“ schreibt:

„Holzzäune. Schiefe, morsche, graugewordene, russische, die Landschaften skandieren. … Holzzäune haben ihren Rhythmus und Ton, eignen sich zum Zaungucken. … So poetisch der ländliche Holzzaun, so unerbittlich der Metallzaun. Er signalisiert nur eines: hier kommst du nicht durch. Engmaschig hoch, solid verankert markiert er Grenzen, dient zum Ausschluss von Flüchtlingen oder anderen unliebsamen „Elementen“. Ungarn, Melilla, Israel, ach. Grausamkeit hat viele Namen. Und wie lang soll der Zaun zwischen Mexiko und den USA noch werden.“

Der Band ist mit zwei (!) Lesebändchen in verschiedenen Rottönen ausgestattet. Sinnvoll, denn der Band lädt zum Querlesen ein. Man sucht sich anhand des Inhaltsverzeichnisses die Begriffe heraus, die einen gerade interessieren oder legt sich den Band z.B. neben das Bett, um abends noch einen Buchstaben, eine Geschichte zu lesen.
Eignet sich sicher auch gut zum Verschenken – und heute in zwei Monaten ist Heilig Abend ;)

Ilma Rakusa, Mein Alphabet, Literaturverag Droschl, Graz-Wien 2019, 305 S., ISBN 978-3-99059-032-4

3 Gedanken zu „Ilma Rakusa, Mein Alphabet

  1. Grad liegt ein ähnliches Buch vor mir:
    Czeslaw Milosz: Mein ABC. Von Adam und Eva bis Zentrum und Peripherie.
    Ich mag solch persönliche „Geschichtenbücher“!
    Danke für die Vorstellung des Buches mit den zwei Lesebändchen!
    Gruß von Sonja

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