John Strelecky, Auszeit im Café am Rande der Welt

John Strelecky, Auszeit im Café am Rande der Welt

Ich habe hier schon einige Bücher von John Strelecky vorgestellt, von denen ich bisher auch überzeugt war.

Dieser Band mit dem Untertitel “ Eine Wiederbegegnung mit dem eigenen Selbst“ trägt, ist allerdings eher ein zweiter bzw. dritter Aufguss seiner bisherigen Bücher über das „Café am Rande der Welt“ und „Wiedersehen im Café am Rande der Welt“.

Aufgüsse mögen bei grünem Tee empfehlenswert sein, bei Büchern überzeugen sie mich nicht, obschon die Illustrationen von Root Leeb der eher mageren Geschichte einen feinen „Anstrich“ geben und die Ausgabe damit zu einem Hingucker machen.

Der Ich-Erzähler ist auf dem Rückweg von der Beerdigung seines Patenonkels, den er als Kind sehr verehrt, zu dem er aber schon lange keinen Kontakt mehr gehabt hat. Er gerät in ein heftiges Gewitter und hat zudem eine Autopanne. Ein geplatzter Reifen macht eine Weiterfahrt unmöglich. Die Wahrscheinlichkeit, dass er seinen Rückflug noch erreicht, sinkt. Zur gleichen Zeit ist ein junges Mädchen mit seinem Fahrrad unterwegs, das es schieben muss, weil Glasscherben, die es im Dunkeln nicht gesehen hat, einen Reifen zerschnitten haben. Beide treffen unter einer Brücke aufeinander, wechseln den Autoreifen und fahren, nahezu ohne Sicht weiter.

In der Ferne sehen sie dann nach einiger Zeit Licht. Der Ich-Erzähler steuert darauf zu. Es ist das Café am Rande der Welt. Das Mädchen wird zunehmend misstrauischer, da sie bemerkt, dass er das Café kennt, obschon er ihr vorher erzählt hat, er sei noch nie in dieser Gegend gewesen und rennt zurück in den strömenden Regen.

Für ihn hält die Speisekarte – wie schon die vorherigen Male – folgende, seiner jetztigen Lebenssituation angepassten Fragen bereit:
Warum bist du hier?
Hast du Angst vor dem Tod?
Führst du ein erfülltes Leben?

Mögliche einfache Antworten ergeben sich aus Gesprächen mit Casey und mit Mike, einem alten Mann, der im Café Dinge repariert. Dieses Mal ist es ein tropfendes Abflussrohr. Die Arbeiten stehen sinnbildlich für mögliche menschliche Beziehungen, die wie Abflussrohre Isolierbänder benötigen, um möglichst „lebenslänglich“ halten zu können.

Die Schwierigkeiten liegen darin zu erkennen, worin genau das eigene Isolierband besteht, damit aus den „undichten Stellen keine größeren Lecks entstehen“ die dann vielleicht nicht mehr zu beheben sind.

„Es wäre besser, dafür zu sorgen, dass das Isolierband lange davor eingesetzt wird. Die Verbindungen sollten eng, stark und sicher bleiben. Die Verbindung zu anderen sowie zu uns selbst.“

Auch der verstorbene Onkel mischt mit. Er hat seinem Neffen einen Brief geschrieben, der – wie sollte es anders sein – im Café am Rande der Welt angekommen ist:
„Es erfordert wahren Mut, das zu tun, wovon wir überzeugt sind, was richtig für uns selbst ist, auch wenn der Rest der Welt glaubt, dass es etwas verrückt ist. … die Uhr beginnt schneller zu ticken. Suche weiterhin nach Orten, and denen du dich lebendig fühlst, die dich glücklich machen und dich begeistern. Verbringe viel Zeit dort. Erfülle dein Leben mit Aktivitäten, die dir das Gefühl vermitteln, dass du jeden Tag sinnvoll verbracht hast.“

Fazit: Das Essentielle im Leben ist sicher einfach, sicher aber nicht einfach umzusetzen. Ob man dafür noch einmal 150 Seiten lesen muss, weiß ich nicht.

John Strelecky, Auszeit im Café am Rande der Welt. Eine Wiederbegegnung mit dem eigenen Selbst. Mit Illustrationen v. Root Leeb, a.d. Engl. v. Bettina Lemke, dtv Verlagsgesellschaft, München 2019, 154 S., ISBN 978-3-423-34964-2

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