Martin Hecht, Lieber Jakob
Der Untertitel „Brief an meinen Sohn über das Leben und Sterben seiner Mutter“ macht deutlich, worum es geht: Um das Leben mit (Brust-)Krebs, das dadurch verursachte Leiden – auch das der Angehörigen – und das Sterben, obwohl der Wille zum Leben mächtig ist, bis zum Schluss.
Impuls des Vaters ist es, seinem Sohn Jakob, diese besondere Zeit mit seiner Mutter Gabriele festzuhalten, Einsichten, Einblicke zu gewähren, die er vielleicht später, wenn er größer ist, wissen will und dann auch anders begreifen kann.
Doch sicher ist es auch ein Tagebuch, in dem der Autor mit diesem Schicksalsschlag versucht umzugehen, mit ihm zu leben, so gut es ihm möglich ist, und seiner Frau und der Liebe zu ihr ein Denkmal zu setzten. Ja, es ist im eigentlichen Sinne eine Liebeserklärung, wie das vorangestellte Motto deutlich macht:
Aus Liebe entsteht Trauer
aus Trauer entsteht Liebe
Es ist ein sehr berührendes, ehrliches Buch, das nahe geht und in Sprache fasst, was viele Trauernde erleben, vielleicht aber nicht zum Ausdruck bringen können: die unendliche Sehnsucht, die mit der Zeit nicht kleiner, sondern eher noch größer wird, weil man die Bedeutung, die Dimensionen, die der Verstorbene im eigenen Leben innegehabt hat, erst nach dessen Tod wirklich erfährt.
Aber es ist kein Buch mit Trauerrand, es ist auch ein Buch über das Leben mit seinen Höhen und Tiefen und wie man lernen kann, damit umzugehen, so schwer und unmöglich es anfangs auch zu sein scheint:
„Gerade heute merke ich wieder, dass ich das normale Leben nur simuliere. Ich tue nur so. Eigentlich lebe ich ja zwei Leben. Eines, das mich schmerzt, das ich, wenn es irgendwie geht nicht rauslasse, das mich aber taumeln lässt, wenn es sich dann doch Bahn bricht. Und eines, das ich simuliere und nach außen trage: Routinen einhalten, Dich in die Schule bringen, einkaufen, kochen „Guten Tag“ sagen, drei Sätze schwätzen mit Bekannten. Ein Scherzchen machen. Schreiben, arbeiten.“
Gourmets finden sogar Namen von Hotels, Restaurants, Weingütern etc. , die aufzusuchen sich lohnt, da Martin Hecht und seine Frau Gabriele dort Lebensfreude und -genuss „getankt“ haben, auch noch oder gerade während ihrer schweren Tage.
Martin Hecht, Lieber Jakob, Brief an meinen Sohn über das Leben und Sterben seiner Mutter. München 2010, 317 S., ISBN 978-3-421-04478-5
Ein Gedanke zu „Martin Hecht, Lieber Jakob“