Anne Cathrine Bomann, Rosa

Anne Cathrine Bomann, Rosa

Nach „Agathe“ und „Blautöne“ ist Rosa der dritte Roman der dänischen Schriftstellerin Anne Cathrine Bomann, die als Psychologin arbeitet und in Kopenhagen lebt.
„Rosa“ ist ein Roman, der von einer besonderen Beziehung zwischen Vigga, einer jungen, sich oft einsam und isoliert fühlenden jungen Frau und einem Oktopus erzählt, der in einem Einzelbecken innerhalb eines Oceaneums lebt, in dem Vigga – über das Jobcenter vermittelt – für ein halbes Jahr ein Praktikum machen soll.
Widerwillig tritt sie dieses an. Johannes, ihren Chef dort, stuft sie sofort als zu den Leuten gehörig ein, „die nicht nur einer anderen Generation angehören, sondern in einer vollkommen anderen Welt leben und in ihrer Arbeit derart sisyphusartig nachgehen, dass sie den Blick für alles andere verlieren.“ Dass sie mal wieder vorzeitig den Job hinschmeißen wird, davon ist sie überzeugt, nachdem sie nach ihrem ersten Tag so kaputt ist, dass sie es nicht einmal schafft, ihre Freundin Maiken anzurufen, die im Grunde ihre einzige Verbindung zur Welt ist, in der sie sonst isoliert, allein und einsam lebt, sich nirgends zugehörig fühlend:

„Das ist das Fiese an der Einsamkeit, jedenfalls so, wie ich sie kennengelernt habe: Sie sticht erst richtig zu, wenn man das Gegenteil erlebt hat. … Vielleicht gibt es nur mich.“

Einer ihrer Glaubenssätze ist zudem die Überzeugung, „dass ich zwingend von allen verlassen werden muss, die ich je geliebt habe, dass ich es in gewisser Weise immer schon gewusst habe.“

Und so kommt es auch, dass sie sich zunehmend von ihrer einzigen Freundin Maiken vernachlässigt fühlt, die inzwischen von ihrem Freund Daniel schwanger ist, sich aus Sicht Viggas zunehmend auf die Schwangerschaft konzentriert und sich zurückzieht. Sie hat sie nicht mehr nur für sich allein. Die vielen Versuche Maikens, Vigga in die neue Situation einzubeziehen, kann und will sie nicht wahrhaben. Ein Ende der Freundschaft scheint absehbar.

Statt dessen entdeckt Vigga diverse Ähnlichkeiten zwischen sich und Rosa, dem Octopus des Oceanums, Einzelgängerin wie sie, der sie sich sich zögernd und zaghaft nähert, bis Rosa für Vigga zu einer Obsession wird, mit der sie sich auch außerhalb ihrer Dienstzeit beschäftigt. Rosas Gefangenschaft bringt Vigga dazu, über Freiheit, innere und äußere Grenzen und über Lebensbedingungen allgemein nachzudenken. Und auch die Ernsthaftigkeit und Sorgfalt, mit der Johannes sich um die Tiere kümmert, imponiert ihr zunehmend. Sie begreift allmählich, was es bedeutet, Verantwortung für andere Lebewesen zu haben, und dass „Strömung und Bewegung“ essentiell notwendig sind, damit Leben möglich ist, jedes statische Festhalten das Gegenteil bewirkt.

Vorzeitig den Job zu schmeißen, davon ist schon lange nicht mehr die Rede. Und dann legt Rosa zahlreiche Eier ab mit verheerenden Folgen. Als Maiken mit vorzeitigen Wehen ins Krankenhaus muss, begreift Vigga, dass es nicht nur um sie selbst, ihren eigenen Schmerz geht, sondern auch um ihre Verantwortung für diese Freundschaft mit Maiken, die jetzt ihren Halt und ihre Unterstützung braucht.

„Wir verabreden, dass wir uns bald treffen, und ich gebe Maiken einen Kuss auf die Wange. Sie riecht anders als früher, genau wie ich es vorhergesehen habe.“ Doch diese Veränderung hat als Bote eines Endes ihren Schrecken verloren, ist jetzt eher Verheißung für eine veränderte Zukunft, der sich Vigga nicht nicht mehr von vornherein verschließen will.

Der Roman erzählt die Geschichte einer jungen Frau und thematisiert dabei essentielle Fragen menschlichen Lebens in Gemeinschaft, regt dazu an, über Verantwortungen nachzudenken – für sich selbst, aber auch für die Menschen, die einem lieb geworden sind. Wo setze ich Grenzen, um was, wen zu schützen?

Anne Cathrin Bomann, Rosa, Roman, a.d. .Dänischen v. Franziska Hüther, Hanserblau Verlag, München 2024, 235 S., ISBN 978-3-446-28154-7

2 Gedanken zu „Anne Cathrine Bomann, Rosa

  1. Das Buch der dänischen Schriftstellerin mir sehr anhand deiner schönen Zusammenfassung. Das könnte durchaus ein Buch für mich sein. Danke für die feinen Zeilen und lieben Gruss,
    Brigitte

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