Der Mohn

Der Mohn

Wie dort, gewiegt von Westen, 
Des Mohnes Blüte glänzt! 
Die Blume, die am besten 
Des Traumgotts Schläfe kränzt; 
Bald purpurhell, als spiele 
Der Abendröte Schein, 
Bald weiß und bleich, als fiele 
Des Mondes Schimmer ein. 

Zur Warnung hört ich sagen, 
Dass, der im Mohne schlief, 
Hinunter ward getragen 
In Träume schwer und tief; 
Dem Wachen selbst geblieben 
Sei irren Wahnes Spur, 
Die Nahen und die Lieben 
Hält‘ er für Schemen nur. 

In meiner Tage Morgen, 
Da lag auch ich einmal, 
Von Blumen ganz verborgen, 
In einem schönen Tal. 
Sie dufteten so milde! 
Da ward, ich fühlt es kaum, 
Das Leben mir zum Bilde, 
Das Wirkliche zum Traum.

Seitdem ist mir beständig, 
Als wär es nur so recht, 
Mein Bild der Welt lebendig, 
Mein Traum nur wahr und echt; 
Die Schatten, die ich sehe, 
Sie sind wie Sterne klar. 
O Mohn der Dichtung! wehe 
Ums Haupt mir immerdar! 

(Ludwig Uhland)

2 Gedanken zu „Der Mohn

  1. Wie schmelzend schön die Uhlandworte und der Mohn in Rot und Weiss in deinen Bildern!
    Besonders bei Regenwetter (das wir heuer nicht zu knapp haben) sind die Mohnfelder richtige Gutelaune-Garanten.
    Einen lieben Heutegruss,
    Brigitte

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