Gabriele von Arnim, Der Trost der Schönheit. Eine Suche

Gabriele von Arnim, Der Trost der Schönheit. Eine Suche

„Schönheit ist lebensnotwendig.“

Das könnte das Fazit der „Suche nach Schönheit“ sein, die Gabriele von Arnim in diesem Buch vornimmt. Ein Suche, die sie selbst als „waghalsige Tollkühnheit“ bezeichnet, weil sie unter anderem – bewusst oder unbewusst – keine Stringenz findet und letztendlich auch nicht wirklich finden will:

„Ich will mäandern, will nicht strukturieren, nicht ordentlich in Kapitelschubladen einräumen, nicht jedem Gedanken einen Platz zuweisen. Denn Schönheit sprengt Grenzen, lässt unsere Sinneswahrnehmungen explodieren, ist ein rebellischer Weckruf gegen die Norm. Schönheit will Freiheit, erlaubt Ekstase, Tumult und ja, auch Schnitt und Wunde.“

Und wer sich auf ihre Ausführungen einlässt, mäandert mit ihr und entdeckt immer wieder neue Facetten von Schönheit, hat die Möglichkeit, darüber nachzusinnen, was es braucht, um Schönheit überhaupt wahrzunehmen und ihr einen Platz im eigenen Leben einräumen zu können.

Man begegnet ihren vielen Zweifeln, ob Schönheit wahrzunehmen, ihr Raum zu geben in Zeiten von allgegenwärtigen Krisen, Katastrophen, privater, gesellschaftlicher und globaler Art überhaupt angemessen sein kann. Und man kann sich vielleicht der Meinung Gabriele von Arnims anschließen, dass Schönheit auch in ausweglosen Situationen Trost sein und bedeuten kann und auch sein darf, wenn man dies selbst das ein oder andere Mal erlebt hat und auch zulassen konnte.

Als Leser*in begleitet man die Autorin auch bei der Entwicklung ihres Schönheitssinnes, die in ihrer Kindheit und Jugend sicher Schönheit erlebt hat, weil sie dem gesellschaftlichen Standard ihrer Eltern entsprochen hat. Doch es war eher kalte, leblose Schönheit in Form von Statussymbolen, die man besaß, die man vor- und herzeigen konnte, um damit seine gesellschaftliche Stellung und Bedeutung zum Ausdruck zu bringen, wie das stets gewienerte, hochherrschaftliche Fahrzeug mit Fahrer.
Schönheit als Statussymbol, mit dem man etwas erreichen wollte und konnte, die einen wesensmäßig aber nicht wirklich erreichte.

Für Gabriele von Arnim lässt sich Schönheit nicht eindeutig fassen und einordnen, wohl aber deutlich von Nettem, Dekorativem, von ästhetischer Perfektion und Makellosigkeit abgrenzen:

Makellosigkeit weckt und bedroht nicht, sondern lullt die Sinne ein. „Denn Makellosigkeit ist Antwort. In der Schönheit atmen Fragen, tänzelt ein Ahnen, lodern die Sehnsucht und die Gefahr. Fragen sind lebendig – eine Frage gebiert die nächste, eine reiht sich an die andere, aus einer Frage werden Ketten, Schlangen. Antworten reproduzieren sich nicht. Sie stehen da, allein und gerade und irgendwie unfruchtbar.“

Mir selbst in beim Lesen die Bedeutung von Schönheit für mich und mein Leben noch einmal sehr klar bewusst geworden, gleichzeitig aber auch die früher so oft damit verbundenen Abwertungen, weil meine Vorstellung von Schönheit der geltenden Norm meist so gar nicht entsprach. Der Sinn für eigene Schönheit konnte also zur Ausgrenzung führen.
Es hat gedauert, bis ich frei dazu stehen und den Wert Schönheit für mich und in meinem Leben akzeptieren und dann auch zulassen konnte.

Abwertende Bemerkungen lasse ich inzwischen großzügig bei den Abwertenden, über die ihre Sätze mehr aussagen als über mich, an die sie gerichtet sind. Auch dazu findet man in diesem Buch eine interessante Geschichte wie Buddha mit solchen Menschen umgeht:

“ ‚Was‘, fragt Buddha, ‚würdest du tun, wenn jemand dir etwas schenkt, was du gar nicht magst und nicht haben willst?‘ …
‚Es zurückgeben‘ brummte er schließlich.
Buddha lächelt. ‚Genau‘, sagt er, hebt die Hände, als trage er ein Paket, ‚und darum gebe ich dir das, was du mir eben überreichtest, nun zurück.‘ „

Für mich war das Lesen dieses Buches in vielfacher Hinsicht bereichernd, erhellend und stärkend, also sehr empfehlenswert.

Gabriele von Arnim, Der Trost der Schönheit. Eine Suche, Hamburg 2023, 222S., ISBN978-3-498-00351-7


6 Gedanken zu „Gabriele von Arnim, Der Trost der Schönheit. Eine Suche

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