Gabriele von Arnim, Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht

Gabriele von Arnim, Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht

Den Briefen Gabriele von Arnims an ihre Enkel sind zwei Zitate vorangestellt, ein Gedicht von Mascha Kaléko

Die Nacht,
In der das Fürchten wohnt,
Hat auch die Sterne
Und den Mond

und der Satz einer Freundin:

More than ever
now
is the time
to take care of each other

Im Grunde sind sie gleichzeitig das Fazit ihrer Überlegungen:
Im Dunklen das Helle, Lichte sehen und – mehr denn je – aufeinander zu achten.

Ja sicher: Man könnte angesichts der aktuellen Weltlage verzweifeln, „sich die Ohren zuhalten, die Augen, den Mund und still erleiden, was die Nachrichten uns Tag für Tag in den Kopf und ins Herz spülen.“
Doch das ist für Gabriele von Arnim keine Option. Also begibt sie sich auf die Suche. Nämlich auf der einen Seite die „dunkle Seite der Gegenwart“ nicht auszublenden und sich gleichzeitig dem „Glauben and die Möglichkeit einer besseren Welt zuwenden.“

Eine Haltung der Zuversicht ist für sie die Chance, sich der Gegenwart zu stellen und sie gleichzeitig „so mitzugestalten, dass sie wird, wie sie sein sollte und sein könnte. Zuversicht heißt, die Zustände erkennen und sich nicht überwältigen lassen. Zuversicht will das scheinbar Unmögliche möglich machen.“

Ohne Zuversicht zu leben, bedeutet für sie, in Resignation zu verfallen und damit dann aber auch nutzlos zu werden, weil man über mögliche Alternativen und Optionen erst gar nicht mehr nachdenkt und dann auch nicht ins Handeln kommen kann.

Sie hat ein Lebensmotto, „ein Mantra, ein Gebot: Es hilft niemandem, wenn ich auf Zerstörung mit Selbstzerstörung antworte.“

Ihre Briefe sind im Grunde Aufforderungen im Sinne von Viktor Frankl: „Trotzdem Ja zum Leben sagen“. Es gibt also nichts Wirklich Neues zu lesen für diejenigen, die sich bereits mit diesen Gedanken beschäftigt haben.
Doch ihre Art zu schreiben, ermöglicht es einem vielleicht leichter, in einen (inneren) Dialog mit dem Geschriebenen zu gelangen und Perspektiven eigenen Handelns zu finden. Ganz im Sinne von Hilde Domin, die da schreibt:

Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten.

Das kann man sich und den Enkeln nicht oft genug vor Augen führen. Insofern: auf jeden Fall lesenswert!

Gabriele von Arnim, Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht, Briefe an die kommende Generation, Band 3, Kjona Verlag, München 2024, 78 S., ISBN 978-3-910372-25-2

10 Gedanken zu „Gabriele von Arnim, Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht

  1. Ich habe das Büchlein hier auch liegen. Gabriele von Arnim sagt darin nichts neues. Aber das, was sie sagt, das sagt sie sehr schön. Ich mag ihren Schreibstil, der lakonisch elegant ist und ich mag besonders Hilde Domin sehr gerne.

    Deine Rezession kann ich voll und ganz unterschreiben. Es ist ein gutes Buch, man muss es nur auch umsetzen und das fällt mir persönlich so verdammt schwer.

    Liebe Grüße, die Sonne kommt raus!

    1. Ja, ich lese sie ebenfalls sehr gern. Sie hat etwas zu sagen, erfindet zwar das Rad nicht neu, es ist – für mich aber immer mal wieder – eine Einladung, inne zu halten, den eigenen Standpunkt zu bestimmen und sich zu fragen, bin ich noch auf dem für mich richtigen Kurs.
      Hier ist von Sonne leider nichts zu sehen, dafür haben die Pollen Hochkonjunktur. Mich hat’s dieses Jahr „erwischt“ wie schon lange nicht mehr.
      Doch auch das wird vorübergehen ;)
      Liebe Grüße

  2. Eine schöne Rezension!
    Zuversicht – schon für sich gesehen ein kraftvolles Wort, das Helles mit Aussicht verbindet. Auch das zuversichtliche ICH steht da für mich zu lesen.
    Zuversicht – und wieder ins Erleben des Lebens zu kommen, als meine höchsten persönlichen Ziele.
    Herzliche Grüße!

    1. Danke fürs Lob.
      Ich lese ihre Bücher gern. Sie sind tiefgründig und lebensnah. Man hat den Eindruck, sie weiß – sicher aus eigener Erfahrung – wovon sie da schreibt.
      Liebe Grüße

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