Viktor E. Frankl, … trotzdem Ja zum Leben sagen
„Viktor Frankl …kam aus der Hölle zurück in seine Vaterstadt, er hatte seine Eltern, seinen Bruder, seine Frau, er hatte alles verloren – doch er war frei von allen Impulsen der Rache, der Vergeltung.“ Das schreibt Hans Weigel in seinem Vorwort zu Viktor Frankls Aufzeichnungen über das Konzentrationslager in Auschwitz aus der Sicht eines Psychologen.
„Er sah das Gute, das ihm uns seinesgleichen geschehen war, und überwand dadurch das vielfach Böse.“ Wie schafft es jemand, der Hölle zu entkommen und eine solche Haltung einzunehmen? Das macht er durch seine verständlichen, gut nachvollziehbaren Aufzeichnungen deutlich.
Neben den Mechanismen der Aufnahme ins KZ und die psychologischen Auswirkungen auf die Häftlinge beschreibt er, was neu entstehen konnte und welche Möglichkeiten Menschen zur Verfügung stehen trotz schlimmster äußerer Bedingungen :
„So zerrann eine Illusion nach der anderen … Jetzt überkommt die meisten von uns aber ein irgendwie Unerwartetes: Galgenhumor! (und) ein anderes Gefühl (begann) uns zu beherrschen: Neugier.“
Die Seele hat vielfältige Schutzmechanismen, die helfen können, sie zu retten und eine solche Hölle zu überstehen:
– Apathie gegenüber äußeren Einwirkungen, Demütigungen, Hunger etc.,
– Flucht in die Innenwelt als „Reich geistiger Freiheit und inneren Reichtums“,
– die Fähigkeit, Natur – etwa Wolken, Sonnenauf- oder -untergänge – intensiv zu erleben, und vor allem
– die Liebe zu (einem) Menschen, die an die körperliche Existenz nicht gebunden ist.
„Abgewendet von der Umwelt und von der Gegenwart, rückgewendet in die Vergangenheit, gewinnt das Innenleben ein eigenartiges Gepräge. Die Welt und das Leben sind entrückt.“
Wesentlich ist nach Frankl der Umgang mit der Sinnfrage in einer solchen Hölle des Leids. Der Autor hat aus seiner Sicht eine Antwort gefunden, die er als eine Art kopernikanische Wende bezeichnet:
„Wir müssen lernen und die verzweifelten Menschen lehren, daß es eigentlich nie und nimmer darauf ankommt, was wir vom Leben noch zu erwarten haben, vielmehr lediglich darauf: was das Leben von uns erwartet!„.
In einer solchen Situation macht er auf die Verantwortung des einzelnen für die Beantwortung dieser Frage und das konkrete Handeln danach aufmerksam. Leid wird so für ihn zu einer Aufgabe, die bewältigt werden kann bzw. muss. „Für uns waren solche Gedanken das einzige, was uns noch helfen konnte!“
Eine Herausforderung sondergleichen, sich der Aufgabe zu stellen, äußere Vernichtung in einen inneren Sieg zu verwandeln, um den vielen Möglichkeiten inneren „Daseinsverfalls“ zu entgehen. Frankl verschweigt aber auch nicht, dass nicht alle diese Herausforderung annehmen konnten und ihr gewachsen waren, trotz seelischer Unterstützung durch ihn und andere Häfltinge. Frankl sah sich nämlich auch im KZ als Psychologe und Arzt, verpflichetet seinem ärztlichen Ethos.
Aus seinen Erkenntnissen im KZ Ausschwitz entwickelte Viktor Frankl die Logotherapie, neben der Psychoanalyse Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers eine sogenannte „Dritte Schule der Psychotherapie“.
Viktor E. Frankl, … trotzdem Ja zum Leben sagen, Vorwort von Hans Weigel, München 4. Aufl. 2012, ISBN 978-3-466-36859-4
3 Gedanken zu „Viktor E. Frankl, … trotzdem Ja zum Leben sagen“