Alexandra Tobor, Sitzen vier Polen im Auto

Alexandra Tobor, Sitzen vier Polen im Auto

Alexandra, Ola gerufen, fährt mit ihren Eltern ins „Rajch“, das sie bisher nur aus dem QUELLEkatalog ihrer Oma Grete kennt und welches das Paradies zu sein scheint mit seinen aalglatten Autobahnen, frisch und bunt gestrichenen Häusern, Straßenlaternen und Läden, in denen die Regale übervoll sind.

Hier gibt es offensichtlich alles. Für die, die Geld haben. Und genau das haben ihre Eltern nicht. Der erste deutsche Satz, den Olga fehlerfrei sprechen kann, lautet: „Ich habe kein Geld.“

Ihre Begeisterung legt sich nach Wochen in Notunterkünften, Übergangsheimen und durch die Begegnungen mit Gleichaltrigen in der Schule.
So vieles ist anders: der Umgang miteinander, die Kleidung, Unverständnis auf beiden Seiten, auch dann noch, als sie endlich in ihre Traumwohnung ziehen können, in der Olga ihr eigenes Zimmer hat. Sie fühlt sich ab und zu wie eine Prinzessin, etwa am Tag ihrer Kommunion, bis sie sieht, wie die anderen Mädchen gekleidet sind:

„Ich war einfach keine Prinzessin und würde nie mehr sein als eine polnische Gans.“

Erst die Freundschaft zu Dominik, Außenseiter wie sie, lässt sie in der Realität ankommen und sich quicklebendig fühlen.

Es ist ein humorvoll, liebevoll erzähltes, z.T. anekdotenhaftes Buch über die „teutonischen Abenteuer“, die schwierigen Zusammenhänge in einem Land, dessen Sprache und Wirklichkeit so fremd sind im Vergleich zur früheren Heimat, die aber nicht mehr Heimat ist. Dennoch sind der Kummer, die Gefühle von Fremdheit, Heimatlosigkeit und Ausgegrenztheit stets präsent.

Alexandra Tobor, Sitzen vier Polen im Auto, Teutonische Abenteuer, Berlin 2012, 267 S., ISBN 978-3-548-28374-6

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