Sally Rooney, Schöne Welt, wo bist du

Sally Rooney, Schöne Welt, wo bist du

Protagonisten dieses dritten Romans von Salley Rooney – nach „Gespräche mit Freunden“ und „Normale Menschen“ – sind die erst seit kurzem befreundeten Pärchen Alice und Felix, sie berühmte Schriftstellerin und Millionärin, er karg bezahlter Lagerarbeiter, und Eileen und Simon, sie Redakteurin eines Kulturmagazins, er Politikberater linker Parteien und im Gegensatz zu den anderen sehr gläubig. Gleichzeitig sind Alice und Eileen Freundinnen, die sich per Mail darüber austauschen, was sich in ihrem Leben gerade ereignet, womit sie sich beschäftigen, wie es ihnen nach den noch nicht lange zurückliegenden Trennungen von ihren Partnern geht. Aktuelle Themen wie die Klimakrise, der Verfall der Kulturen, Bedeutung von Schönheit – auch im Alltag – fehlen dabei nicht. Eine wirkliche Auseinandersetzung fehlt allerdings, wie soll es per Mail auch anders sei, die eher inneren Monologen ähneln.

Die Protagonisten sind mit etwa dreißig Jahren alle ein wenig älter als in den früheren Romanen, mehr oder weniger erfolgreich im Beruf und dennoch plagen sie sich mit ähnlichen Themen wie die Personen der ersten Romane:

„Zärtlich, fast schon schmerzlich lächelten sie sich an, sie sagten nichts, und ihre Fragen waren dieselben, denkst du an mich, warst du glücklich, als wir miteinander schliefen, habe ich dir wehgetan, liebst du mich, wirst du mich immer lieben.“

Die Kontakte scheinen seltsam oberflächlich:
„Ihr Gespräch schien bei ihnen beiden einen Eindruck hinterlassen zu haben, aber es war unmlglich zu sagen, was genau das für ein Eindruck war, was es bedeutete, wie es sich in diesem Moment anfühlte, ob es etwas war, was sie miteinander teilten, oder etwas, was sie trennte. Vielleicht wussten sie es selbst nicht, vielleicht gab es auf diese Fragen keine klaren Antworten, und die Arbeit der Sinnfindung war längst nicht beendet.“
Oder ist es nur die Beschreibung? Denn ehrlich, was weiß man nach dem Lesen dieser Zeilen mehr als vorher?

Beziehungsthemen schwirren eher den beteiligten Frauen durch den Kopf, ohne jedoch ernsthaft mit den jeweiligen Partnern darüber zu sprechen. Die Beziehungen selbst sind nicht nur aufgrund sozialer Unterschiede manchmal „schräg“, seltsam ungleichgewichtig.

So kommt und geht Felix, wann immer er will, holt sich formal zwar die Einwilligung Alices ein, auch sturzbesoffen bei ihr mitten in der Nacht aufzukreuzen, einfach nur, weil er Sex mit ihr haben will. Und Simon träumt auf der einen Seite vom braven Mädchen, das er bestrafen kann, wenn’s nicht hört, auf der anderen Seite ist er sehr aufmerksam, liebe- und rücksichtsvoll.
Weshalb machen moderne Frauen, die ihr eigenes Einkommen haben, so etwas mit? Weil die „biologische Uhr“ tickt, sie immer noch – mehr oder weniger heimlich – von einem Leben als Ehefrau, Mutter im Eigenheim träumen?

Viele aktuelle Themen werden angesprochen, angerissen – sie alle zu benennen, wäre wenig sinnvoll. Dennoch lassen mich die Ausführungen nicht wirklich schlauer, wissender zurück, eher wie nach Konversationen, in denen es auch um „alles und nichts“ geht, jedenfalls nicht ernsthaft um Wesentliches.

Die so gelobten Romane hinterlassen bei mir wenig Nachhall, eher macht es mich nachdenklich, dass sie in vielen Passagen so banal, alltäglich, gewöhnlich daherkommen. Aber vielleicht sind sie ja gerade darin Abbild unserer gesellschaftlichen Gegenwart.

Sally Rooney, Schöne Welt, wo bist du, Roman, a.d. Englischen von Zoë Beck, Claassen Verlag, Berlin 2021, 352 S., ISBN 978-3-546-10050-2

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